Milliardenhilfen immer noch günstiger als Totalausfall mit dramatischen Folgen. | Fünf gute Gründe, weshalb Europa Griechenland nicht fallen lassen möchte.
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Wien. Insgesamt dürften es rund 200 Milliarden Euro werden, die die anderen Staaten der Eurozone und der Internationale Währungsfonds (IWF) dem hochverschuldeten Griechenland an Hilfskrediten beisteuern müssen, soll die vollständige Pleite des Mittelmeerstaats verhindert werden. Das ist - auf den ersten Blick - eine riesige Summe. Die politisch Verantwortlichen in Europa sehen jedoch genügend gute Gründe dafür, das Geld - trotz aller Bedenken - in die Hand zu nehmen.
Politiker wollen sich - nicht ganz zu Unrecht - in Krisenphasen keine riskanten Experimente erlauben. Was dabei herauskommen kann, wenn Regierungen sich entscheiden, nicht helfend einzuspringen, zeigte sich im Herbst 2008 anhand der US-Investmentbank Lehman Brothers. Deren Pleite wurde in Kauf genommen, die Folge war ein Stillstand des globalen Finanzsystems und eine Verschärfung der globalen Rezession. Genauso wie bei Lehman weiß auch im Falle Griechenlands niemand im Vorhinein wirklich, welche Folgen mit einer tatsächlichen Pleite verbunden wären.
Es ist wahrscheinlich billiger, Griechenland das Geld direkt zu geben, als später überall in Europa Banken retten zu müssen. Eine der mit Sicherheit eintretenden Folgen eines dauerhaften griechischen Staatsbankrotts wären massive Abschreibungen bei vielen europäischen Banken. Besonders stark betroffen wären französische und deutsche Institute. Unter jenen Großbanken, die am jüngsten europäischen Stresstest teilgenommen haben, halten Österreichs Institute ein vergleichsweise geringes Volumen an Griechenland-Papieren in ihren Bilanzen (siehe Grafik). Nicht getestet wurde allerdings die notverstaatlichte Kommunalkredit, bei der eine Milliarde Euro an Griechenland-Risiken in den Büchern steht. Ein Bankrott Griechenlands hätte die Folge, dass zumindest ein Teil der betroffenen Banken neue, milliardenschwere Staatshilfen bräuchte.
Die Ansteckungsgefahr droht nicht nur den Banken, sondern auch Staaten. Einerseits würden neue Bankhilfen die Budgetkonsolidierung in vielen Ländern Europas - potenziell gefährlich - erschweren. Andererseits wäre eine Griechenland-Pleite auch ein Signal, das die Panik an den Finanzmärkten weiter anheizen würde. Zuletzt ist mit Italien ein Staat ins Zentrum der Schuldenkrise gerutscht, der so groß ist, dass er bei einer Eskalation der Krise kaum zu retten wäre. Ein Zerbrechen der gesamten Eurozone wäre programmiert - mit allen dramatischen Folgen für die Exportwirtschaft, von der vor allem auch Österreich profitiert. Insgesamt rechnet das Finanzministerium in einem solchen Fall alleine hierzulande mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von 20 bis 40 Milliarden Euro.
Ein starkes Zeichen der Solidarität gegenüber dem Euro könnte Spekulanten den Wind aus den Segeln nehmen. Solange nicht klar ist, ob die Staaten der Eurozone schwächelnde Mitglieder im Extremfall tatsächlich vor dem Untergang bewahren, werden, schließen bestimmte Fonds und Investoren Finanzwetten auf eine Eskalation der Situation ab. Dadurch kommen immer mehr Länder ins Gerede, die Krise verschärft sich, obwohl sich an der grundsätzlichen Lage kaum etwas verändert. Das bringt es auch mit sich, dass sich Hilfen rasch verteuern, je länger damit zugewartet wird.
Ohne das zweite Hilfsprogramm für Griechenland wären die bisher vergebenen Milliarden verloren. Wer A sagt, muss auch B sagen. Bis jetzt haben Eurozone und IWF Griechenland rund 65 Milliarden Euro geborgt. Lässt man den Mittelmeerstaat jetzt fallen, steht fest, dass diese Kredite nie zurückgezahlt werden können. Mit einem weiteren Paket, das Athen über mehrere Jahre Schutz bietet, sollen die Chancen für eine Rückzahlung steigen. Garantie gibt es freilich keine.