Eine machtversessener Präsident, eine wütende Opposition, ständige Ausschreitungen: Der politische Konflikt in Burundi ist brandgefährlich.
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Bujumbura/Wien. Auch Ostafrika hat eine aktuelle Geschichte von Flucht und Vertreibung zu erzählen. Mehr als 200.000 Bürger aus Burundi sind Angaben der UNO zufolge im vergangenen halben Jahr nach Tansania, Ruanda und andere Nachbarländer geflohen. Es könnten noch viel mehr werden: Denn aus dem Land getrieben haben die Flüchtlinge die politischen Unruhen in ihrer Heimat. Und diese werden immer heftiger, haben allein in der vergangenen Woche mehr als 80 Menschen das Leben gekostet. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra’ad al Hussein, hat nun vor einem Bürgerkrieg in Burundi gewarnt. Heute, Donnerstag, will sich der UN-Menschenrechtsrat auf einer Dringlichkeitssitzung mit dem Krisenstaat beschäftigen.
Dabei wird eine von den USA eingebrachte Forderung verhandelt: Dass UN-Ermittler in das Land geschickt werden, um verschiedene Vorwürfe, etwa den gezielter Tötungen, zu untersuchen. Dieser Vorstoß folgte auf die jüngsten Ereignisse: Vergangene Woche griffen oppositionelle Milizen Armeestützpunkte an, offenbar, um diese zu plündern und weitere Waffen zu erbeuten. Nachdem die Attacken abgewehrt worden waren, machten Sicherheitskräfte Jagd auf die Rebellen. Es soll dabei mehr als 80 Todesopfer gegeben haben.
Während die Regierung davon spricht, dass es sich bei den Getöteten um Aufständische gehandelt hat, berichtet eine Reihe von Augenzeugen in der Internetausgabe des US-Magazins "Foreign Policy" ganz anderes: Demnach hätte die Polizei Wohnhäuser gestürmt, den Bewohnern Geld und Mobiltelefone weggenommen und junge Männer rein auf Verdacht abgeschleppt. Später wurden demnach viele Verhaftete mit Kugeln in ihren Köpfen gefunden, sie waren offenbar exekutiert worden.
Die Gewalteskalation vom Wochenende war der jüngste Höhepunkt in einer Krise, die schon mehr als sieben Monate andauert: Begonnen hatte sie damit, dass Präsident Pierre Nkurunziza im April angekündigt hatte, entgegen der Verfassung für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Dies sorgte bei seinen Gegnern für riesengroße Wut - ein Putschversuch gegen den Präsidenten scheiterte im Mai allerdings. Die Putschisten hatten nicht genug Rückhalt im Militär, bei Kämpfen zwischen verschiedenen Armeefraktionen behielten die Unterstützer von Nkurunziza die Oberhand. Gegen einige Anführer des Aufstandes hat nun diese Woche in Burundi der Prozess begonnen. Im Juni wurde Nkurunziza wiedergewählt, allerdings hatte die Opposition das Votum boykottiert. Seitdem kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern von Nkurunziza.
Immer wieder Gewaltzwischen Hutu und Tutsi
Die Gefahr eines Bürgerkriegs ist sehr real, vieles, was sich in Burundi zeigt, gibt Anlass zu Pessimismus: Der Präsident ist offenbar stur und machtversessen. In seinem Fahrwasser bewegen sich Gefolgsleute, die ihre hochrangigen Positionen und die damit einhergehenden Vorteile nicht verlieren wollen. Die Opposition wiederum ist zersplittert, hat kein gemeinsames Programm und kein gemeinsames Lösungskonzept für die Krise.
Es bilden sich offenbar immer mehr regierungsfeindliche bewaffnete Verbände - es handelt sich um Milizen in den Städten, es soll aber auch Einheiten geben, die sich in das Innere des Landes zurückgezogen haben. Wie schlagkräftig die bewaffnete Opposition ist, ist unklar. Klar ist aber, dass sie Nkurunziza lieber heute als morgen stürzen will.
Was den Konflikt noch zusätzlich brandgefährlich macht: Er könnte zu einem ethnischen zwischen Hutu und Tutsi werden. Wie in Ruanda, das in den 1990er Jahren wegen des Genozids an den Tutsi traurige Berühmtheit erlangte, leben auch in Burundi diese beiden Volksgruppen. Und auch in Burundi kam es im Laufe der Jahrzehnte immer wieder zu heftiger Gewalt zwischen den beiden Volksgruppen, die Schätzungen zufolge insgesamt rund 300.000 Todesopfer gefordert hat.
Noch ist der aktuelle Konflikt ein politischer, der sich vor allem um die Person des autoritären Präsidenten Nkurunziza dreht, unter dem die Korruption blüht. Doch ist die Regierungspartei Hutu-dominiert, während sich in der Opposition viele Tutsi befinden. Wenn Politiker nun zusehends in ihren Reden die ethnische Karte spielen (was sie bereits tun), dann spielen sie ganz bewusst mit dem Feuer.