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Am kommenden Sonntag will Papst Johannes Paul II. Banja Luka, die Hauptstadt der bosnischen Teilrepublik "Republika Srpska" besuchen. Geplant ist ein Gottesdienst bei dem Franziskaner-Kloster in der Nähe der Stadt. Es ist bereits der zweite Besuch des Oberhaupts der Römisch-Katholischen Kirche in einem Nachfolgestaat Jugoslawiens innerhalb des Monats Juni.
Und er weist noch eine zweite Besonderheit auf: Er erfolgt in einem Land mit einer serbisch-orthodoxen Bevölkerungsmehrheit. Deshalb dürfte der Messe am Rande von Banja Luka auch kaum hunderttausende von Gläubigern beiwohnen wie den Messen in Dubrovnik, Osijek und Rjeka in Kroatien zu Beginn des Monats. Zwar hat sich der katholische Erzbischof von Banja Luka, Komarica, auch durch die Gräuels während des innerjugoslawischen Krieges in den neunziger Jahren von seinem Amtssitz nicht vertreiben lassen, aber viele Kroaten sind aus diesem Teil Bosniens von den Serben vertrieben worden oder schon vorher abgewandert.
Soll man nun den Besuch Johannes Paul II. in der "Republika Srpska" als den Versuch eines Dialogs zwischen der Katholischen Kirche und der Serbisch Orthodoxen Kirche werten, zumal ja diese Serbische Republik kirchenorganisatorisch dem Patriarchat in Belgrad untersteht?
Es war ja auch in den Medien in Serbien wie in Kroatien erwartet worden, dass es am 22. Juni zu einem Zusammentreffen zwischen dem Papst und Patriarch Pavle kommen würde.
Aber so weit dürften die Dinge vor allem in der serbisch-orthodoxen Kirche noch nicht gediehen sein. So dass Banja Luka kaum eine Probe für einen Besuch des Papstes in Serbien selbst werden dürfte. Jedenfalls hat man es bei der vor einigen Wochen abgehaltenen Synode der serbischen Bischöfe vermieden, ein Treffen der beiden Häupter ihrer Kirche zur Diskussion zu stellen, denn man wollte vermeiden, dass es zu seiner Spaltung des obersten Gremiums der orthodoxen Kirche kommt.
Denn welche Stimmung dort herrscht, lässt sich aus der Heiligsprechung des Bischofs Nikolaj Velimirovic ablesen, der Ende der fünfziger Jahre in der Emigration in den USA verstorben ist und dessen Gebeine erst nach der "Wende" Anfang der neunziger Jahre in die Heimat überführt werden konnten. Diese Heiligsprechung hat im Lande ziemliches Aufsehen erregt, denn einerseits ist die serbisch-orthodoxe Kirche mit Heiligsprechungen ziemlich sparsam und andererseits ist Velimirovic in der Kirche und außerhalb eine umstrittene Persönlichkeit. Er war in höchstem Maße ein serbischer Nationalist. In seinen Schriften hat er die Niederlage der Serben gegen die Türken auf dem Amselfeld (Kosovo) als einen bewussten Opfergang und die Serben daher als "himmlisches Volk" bezeichnet. Und er hat sich auch als antieuropäisch und antisemitisch deklariert.
In zweifacher Hinsicht ist also die Heiligsprechung dieser Persönlichkeit kein guter Auftakt für einen Annäherung Serbien/Montenegros an Europa: Weder für einen Dialog zwischen den Kirchen noch für den Beitritt des größten jugoslawischen Nachfolgestaates zur Europäischen Union. Auch wenn der Präsident von Serbien/Montenegro Svetozar Markovic bei seinem Besuch im Vatikan eine Einladung des Papstes nach Belgrad nicht ausgeschlossen hat.