Länderspezifische Unterschiede bei Waschmitteln und WC-Hygiene. | Von Essgewohnheiten bis Witterungsbedingungen. | Wien. Jedes Land patzt anders - und putzt auch anders. Davon wissen die Forscher des Chemieriesen Henkel ein Lied zu singen. In der Produktentwicklung in Wien Erdberg werden für 32 Länder Osteuropas und Zentral-Kaukasiens spezifische Wasch- und Reinigungsmittel entwickelt, weil Wien im Konzern für diesen Markt zuständig ist.
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Die Anforderungen sind vielfältig: Die einen patzen sich mehr mit Saucen an, während in anderen Ländern gern mit Olivenöl gekleckert wird. Will man allen Flecken gleichermaßen an den Kragen gehen, muss man daher länderspezifische Mischungen für Waschmittel entwickeln, erzählt Matthias Lüken, neuer Leiter der Forschung & Entwicklung bei Henkel CEE.
Um die speziellen Eigenheiten eines jeden Marktes herauszufinden, gehen die Marktforscher von Henkel in die Haushalte und schauen sich vor Ort an, wo bei den Hausfrauen der Schuh drückt, erklärt Andrea Mislik, Leiterin der Marktforschungsabteilung.
So hat sich gezeigt, dass osteuropäische Frauen von ihrem Waschmittel vor allem eines verlangen: Es muss Haarcolorationen zu Leibe rücken können. Denn anders als etwa in Österreich würden Osteuropäerinnen ihre Haare vorwiegend zuhause färben - was hässliche Flecken in den Handtüchern hinterlässt.
Frostschutz für Sibirien
Putzmittel müssen auch witterungsbeständig sein - schließlich sind sie Temperaturschwankungen ausgesetzt. Um zu verhindern, dass Weichspüler oder Flüssigwaschmittel gefrieren, wird im Winter bei den Produkten für den russischen Markt quasi ein Frostschutz beigemischt.
Auch die Verpackungen sollen alle Stückerl spielen: Plastikflaschen müssen UV-beständig sein - schließlich will niemand sein Geschirr mit ausgebleichtem Pril waschen. Auch in der Farbe variieren Inhalt und Verpackung. Während in den nördlichen Ländern etwa die Farbe Grün mit Frische assoziiert wird, verbinden die Konsumenten in der Adriaregion Frische mit der Farbe Blau, weil sie die ans Meer erinnert, so Mislik.
Noch größer sind die Unterschiede bei den Düften. "In einem Land müssen die Reinigungsmittel dezent parfümiert sein, in einem anderen muss die Sauberkeit geradezu herausschreien", sagt Lüken.
Auch die Werbemaßnahmen werden nach Länder-Geschmäckern adaptiert. Darsteller in Fernsehspots müssen authentisch wirken - sonst fällt das Produkt durch, hat Henkel getestet. Russinnen wollen etwa Waschempfehlungen von einer Russin, Ungarinnen von einer Ungarin.
Dass hier immer nur von der weiblichen Form die Rede ist, hat Sinn: Schließlich treffen fast nur Frauen die Kaufentscheidungen und sind daher auch Ansprechpartner für Henkel, erzählt Mislik.
Kein Leiberl hat man als Waschmittelhersteller übrigens, wenn man ein Produkt in Osteuropa als umweltfreundlich bewerben möchte. "Der Umweltaspekt spielt hier noch eine sehr untergeordnete Rolle. Der Einzelne sieht sich nicht in der Verantwortung, sondern die Regierung oder die EU."
Authentisch spülen
In Erdberg gibt es auch ein ganz besonderes Örtchen: das Toiletten-Testlabor. Hier werden WC-Hygieneartikel in 20 verschiedenen Toiletten aus zehn Ländern, von Russland bis zur Türkei, getestet. Testspülungen finden, per Zeitschaltuhr gesteuert, rund um die Uhr statt. 22 sind es im Schnitt pro Tag, das entspricht in etwa dem WC-Benutzungsrhythmus einer vierköpfigen Familie. So authentisch wie möglich wollen die Forscher die Situationen in den Haushalten nachstellen. Dazu gehört sogar Rost, den man als Pulver in den Muscheln verteilt. Schließlich sind in Osteuropa viele Toiletten noch an alte, rostige Rohre angeschlossen.
Am meisten plagen sich die Henkel-Forscher hier mit WC-Produkten für die Türkei: Denn türkischen Toiletten fehlt meist der Beckenrand, an dem man WC-Steine hängen könnte. Lüken: "Dafür arbeiten wir gerade an einer Lösung."