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Andreas Hofer, aber sonst nicht viel

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Das Gedenkjahr für Tirols mythischen Helden geht zu Ende. Was bleibt? Unter anderem die offene Frage, was Österreichs Medien eigentlich noch für Südtirol zu tun bereit sind.


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Das Gedenkjahr für den zum "Nationalhelden" stilisierten Unabhängigkeitskämpfer von 1809, Andreas Hofer, ist ohne größere Ausrutscher über die Bühne gegangen. Dass am 20. September sogar die eiserne "Dornenkrone" durch Innsbruck kutschiert wurde, muss man wohl tolerieren.

Zurück zur Zukunft. Diese enthält, wen wundert es, Unkalkulierbares. In Südtirol setzt vier Jahrzehnte seit der Autonomielösung ein politisches, kulturelles und gesellschaftliches Tasten nach vielem ein, was es sonst noch gibt. In manchen Köpfen wird es unruhig, und es ist nicht ausgeschlossen, dass einstmals eine Mehrheit - ohne es zu merken - die gegenwärtige Wohlstandsstruktur abwählt, weil irgendwas Neues, Nationales, Rechtes, "Selbstbestimmtes" verlockt. Es wäre also sinnvoll, wenn in den österreichischen Zeitungen und im ORF mehr über das zu lesen und zu hören wäre, was südlich des Brenner vorgeht. Aber das Interesse ist nicht groß. Staatliche "Euregio"-Konzepte sind ein schwacher Ersatz für gelebte Kommunikation.

Die mangelnde Vernetzung zeigt sich auch in einer traurigen Medienstory, die sich aus Puzzle-Stücken aus sechs Jahren zusammensetzt. Die "Tiroler Tageszeitung" - oder genauer die Moser Holding - hatte sich Ende 2003 einen neuen Partner geholt. Die einflussreiche Südtiroler Athesia-Verlagsgruppe stieg mit 50 Prozent in das Nordtiroler Verlagshaus ein.

Wer die leidvolle Geschichte der im Vertrag von Saint Germain 1919 zerschlagenen Tiroler Einheit kennt, müsste eigentlich sagen: eine großartige Novität, wenn zwei Zeitungshäuser über die Brennergrenze hinweg kooperieren. Manche erkannten darin eine Jahrhundertchance: wechselseitige geistige Befruchtung und dazu noch ein Markt von nahezu einer Million Menschen.

Jeden Zeitungsherausgeber mit Sendungsbewusstsein müsste die Möglichkeit, publizistisch für eine Normalisierung in Süd- und Nordtirol zu wirken, reizen. Und die Südtiroler hätten Luftzufuhr von außerhalb Italiens bekommen.

Aber die Geschichte ging anders weiter. In Nordtirol und anderen Teilen Österreichs startete die Moser Holding eine Phase gewagter Expansionen. Der Medienkonzern baute sein "Bezirksblätter"-Netz in mehreren Bundesländern aus und kaufte die "Oberösterreichische Rundschau". Das war Ende 2006 der Punkt, an dem die Südtiroler unter dem Motto "Was haben wir in Linz zu tun?" als Gesellschafter ausstiegen und sich ihre Anteile zurückzahlen ließen.

Die sogenannte Jahrhundertchance war vertan, aber auch die "OÖ Rundschau" gibt es nicht mehr, die zu ihr gehörige "Rundschau am Sonntag" wurde aus ökonomischen Gründen im November liquidiert. Übrig bleibt das Gratis-Inseratenblatt "Bezirksrundschau". Es ergänzt den österreichweiten Ring solcher Gratisblätter. Der Ring gehört der "Regionalmedien Austria" (RMA), die von der Moser Holding und der Styria Group gegründet wurde.

Allerdings: Der RMA ist der Dachstuhl weggebrochen. Moser Holding und Styria wollten nämlich gemeinsam den größten Medienkonzern Österreichs schaffen, aber vor wenigen Wochen wurde das Projekt begraben.

Den Gesetzen des Marktes wurde hoher Tribut gezollt. Aber wäre es nicht manchmal - und gewiss in Bezug auf Südtirol - richtiger, herausgeberischen Idealen die Priorität vor der Markteroberung zu geben, die viel kostet und am Ende nichts bringt? Eine Medienkultur, die sich auf ganz Tirol erstreckt, wäre ein Ideal gewesen, das keiner Begründung bedurft hätte.