Aufruf zur Mitarbeit am Volksbegehren. | Pröll wehrt ab: Keine Gesamtschule. | Politologe Plasser sieht gute Chancen für Volksbegehren. | Wien. Hannes Androsch, Ex-Finanzminister und Vizekanzler, Industrieller und Vorsitzender des Rats für Forschung und Technologieentwicklung, will die Regierung zu Reformen der Schulen und Universitäten zwingen. Am Freitag hat Androsch in einer Pressekonferenz Bildungsexperten und Bildungsplattformen dazu aufgerufen, sich an seinem Volksbegehren "Bildungsinitiative" zu beteiligen.
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Obwohl der Text für das Volksbegehren erst entwickelt wird, stehen einige Hauptforderungen schon fest: ausreichende öffentliche Finanzierung von Schulen und Universitäten, Bundeskompetenz für Schulen und Lehrer, spätere Bildungswegentscheidung (erst ab 14 Jahren) sowie gute Studienbedingungen. Bis Jänner soll der Text ausgearbeitet sein. Als Eintragungstermin wird eine Woche im Mai geplant.
"Der Worte sind genug gesprochen, jetzt wollen wir Taten sehen", sagte Androsch. Er wünsche sich für ganz Österreich ein erstklassiges, international wettbewerbsfähiges Schulsystem mit eindeutiger Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung. Österreich sei zu klein für neun verschiedene Schulsysteme. Der Industrielle spielte damit auf die Forderung der Länder an, die Schulen in ihren Kompetenzbereich zu holen. "Es darf zu keiner Verländerung, auch nicht der Lehrerinnen und Lehrer, kommen. Der parteipolitische Einfluss muss aus dem Schulbereich verbannt werden", betonte Androsch.
Die Bildungsexpertin und ehemalige AHS-Direktorin Christa Koenne hält ein Bildungsvolksbegehren für sinnvoll, "weil es ein Aufschrei der Betroffenen ist". Auch der Politologe Fritz Plasser gibt dem Volksbegehren gute Chancen. Auch weil die Person Hannes Androsch bestens geeignet sei. Er sei als Stifter und Forschungsratsvorsitzender glaubwürdig in der Vertretung und ein "ausgezeichneter Kommunikator", der mittlerweile auch über die SPÖ hinaus ein breites Spektrum anspreche.
Für die Einleitung eines Volksbegehrens sind 8000 Unterstützungserklärungen nötig. Damit dieses im Parlament behandelt wird, werden 100.000 Unterschriften in der Eintragungswoche benötigt.
Dass das Volksbegehren in konkrete gesetzliche Maßnahmen mündet, hält Plasser aber nicht für sehr wahrscheinlich. Das sei noch selten gelungen. Aber es könne öffentliche Aufmerksamkeit - bei den Regierenden - erzeugen und damit auch die Bereitschaft, über Maßnahmen nachzudenken. Voraussetzung für einen Erfolg sei aber auch, dass eine Koalition von artikulationsstarken Gruppen mobilisiere.
Wohlwollend hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied die Ankündigung des Volksbegehrens aufgenommen. Auch in der ÖVP sieht man darin "eine Chance für eine sinnvolle Bildungsdebatte", wie es Generalsekretär Fritz Kaltenegger formulierte. Vizekanzler Josef Pröll machte aber Hoffnungen auf eine Gesamtschule bereits im Vorfeld zunichte. Einen "Einheitsbrei" werde es mit der ÖVP nicht geben.
"Sehr positiv" steht BZÖ-Chef Josef Bucher zu dem Volksbegehren - er bot die Unterstützung seiner Partei an. Der grüne Bildungssprecher Martin Walser freute sich über Bewegung beim Thema - das Volksbegehren müsse aber "ordentlich gemacht sein". Die Grünen haben selbst seit einigen Tagen eine Petition gegen die Provinzialisierung der Bildung im Netz (www.gruene.at/gegen_provinzialisierung/).