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"Angemessenes" Betriebsauto kann auch unangemessen sein

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Ursprünglich hat man die Neidgenossenschaft dafür verantwortlich gemacht. Mit dem Schlachtruf "Angemessenheit im Steuerrecht" hatte man versucht, ausufernde Betriebsausgaben der Unternehmer auf | ein angemessenes Ausmaß zurückzutrimmen. Tatsächlich sollen Repräsentationsgehaben und Renommiersucht nicht zu Steuerabsetzposten führen dürfen, vor allem nicht bei den Autos.


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Deshalb durften betriebliche Pkw oder Kombi aus fiskalischer Sicht höchstens 350.000 Schilling kosten, später (bis heute) höchstens 467.000 Schilling. Ein kürzlich veröffentlichtes

Höchstgerichtsurteil hat selbst diese Grenzwerte nun in Frage gestellt.

Gesetzgeber und Höchstrichter sind sich darin einig, dass unternehmerische Entscheidungen von behördlichen Eingriffen oder Beschränkungen frei bleiben müssen. Mit einem Vorbehalt: Die Entscheidungen

müssen bei steuerlicher Würdigung verhältnismäßig und angemessen sein.

Preisgrenze als Kriterium

Der Begriff der Angemessenheit ist natürlich Kautschuk. Deshalb hat die Finanzverwaltung mit einem ausführlichen Erlass aus dem Jahr 1991 versucht, diesen Begriff anhand von praktischen Beispielen

zu illustrieren. Eines dieser Beispiele betrifft die betrieblichen Pkw und Kombi. Dort wird die Grenze der Angemessenheit bei einem Autokaufpreis von 467.000 Schilling geortet. Anschaffungskosten

darüber hinaus sind unangemessen.

Die Auswirkung dieser Auffassung führt dazu, dass ein Fahrzeug mit einem höheren Kaufpreis sozusagen in einen "Plebejer"-Sockel (bis 467.000 Schilling) und in einen "Patrizier"-Überhang zerlegt

werden muss, der im modernen Steuersprech als Luxustangente bezeichnet wird. Die steuerlich zulässige (derzeit 8-jährige) Amortisationsquote darf dementsprechend nur von höchstens 467.000 Schilling

berücksichtigt werden (wovon dann noch ein etwaiger Privatnutzungs-Anteil auszuscheiden ist). Eine Abschreibungsquote vom "Luxusteil" des Wagens ist steuerlich unbeachtlich.

Kürzung der Betriebskosten

Das Verdikt für höherpreisige Autoanschaffungen trifft freilich nicht nur die Abschreibungsquote, sondern auch alle wertabhängigen Betriebskosten wie Autoversicherung, Finanzierung oder

Servicekosten. Auch diese Ausgaben müssen dann · in Relation zur Luxustangente · in einen absetzbaren Ausgabenanteil und einen solchen zerlegt werden, der direkt auf das Privatkonto zu buchen ist.

Treibstoffkosten bleiben von dieser Teilungsmanie in der Regel unberührt, weil der Spritverbrauch nicht unbedingt eine Funktion des Kaufpreises ist.

Abschlag bei Gebrauchten

Die 467.000 Schilling-Preisgrenze bezieht sich auf Neuwagenpreise, auf den Listenpreis, allenfalls verringert um einen handelsüblichen Preisnachlass. Bei Gebrauchtwagen-Ankäufen muss man auf den

Preis bei der Erstzulassung zurückgreifen, ihn mit dem 467.000 Schilling-Limit vergleichen und den sich daraus ergebenden "Mehrwert-Prozentsatz" auf den Gebrauchtwagenpreis projizieren; kurz: Der

Gebrauchtwagenpreis muss um die seinerzeitige prozentuelle Luxusquote herabgesetzt werden. Nur bei Altautos mit mehr als 5 Jahren darf der aktuelle Kaufpreis unverändert bleiben.

Bei Leasingfahrzeugen gibt es Analogie: Es muss auf den dem Leasingvertrag zugrundegelegten Autokaufpreis zurückgegriffen werden; liegt der über 467.000 Schilling, dann müssen die Leasingraten für

steuerliche Zwecke aliquot vermindert werden. Nur bei kurzfristigen Autoanmietungen (bis 21 Tage) darf eine Angemessenheitsprüfung völlig entfallen.

Kein Limit für Klein-Lkw

Die von der Finanz seit 1989 unverändert hoch gehaltene (und inzwischen vielfach als antiquiert angesehene) 467.000 Schilling-Preisgrenze bezieht sich im übrigen nicht bloß auf den reinen

Kaufpreis des Autos, sondern umfasst auch die dazugehörige Umsatzsteuer, (seit 1992) auch die Nova und sämtliche Kosten etwaiger Sonderausstattungen. Die amtliche Deckelung schließt daher auch

Klimaanlagen, Alufelgen, Turboreifen mit ein, ferner Airbags, Allradantrieb, ABS und ähnliches, das somit im 467er-Korb Platz finden muss. Nur ein Autotelefon könnte den starren Rahmen sprengen und

zusätzlich absetzbar sein.

Die im Handel angebotenen sogenannten Klein-Lkw sind allerdings von der strengen Angemessenheitsgrenze nicht betroffen. Diese Fahrzeuge können daher auch etwas teurer sein · wenn dies aus

betrieblicher Sicht wirtschaftlich zu rechtfertigen ist.

Rechtfertigung

Auf diesen Grundsatz der wirtschaftlichen Rechtfertigung ist jüngst vom Höchstgericht wieder nachdrücklich aufmerksam gemacht worden, nachdem ein praktischer Arzt aus der Steiermark mit dem

Finanzamt über seine beiden Betriebsfahrzeuge in Streit geriet. Beide Fahrzeuge hatten Anschaffungskosten innerhalb der Angemessenheitsgrenze und hätten gemäß Erlass der Finanzverwaltung eigentlich

problemlos zu steuerabsetzbaren Betriebsausgaben geführt.

Sie waren in den Augen des Steuerprüfers jedoch deshalb nicht problemlos, weil das eine Fahrzeug einen besonders starken Motors hatte und das andere einen Vierradantrieb. Der Beamte befand, dass es

für beide "Besonderheiten" keine betriebliche Veranlassung gebe und kürzte die Anschaffungspreise um etwa 40% auf gleichartige Autos in Normalausführung herunter.

Kein Verlass auf Erlässe

Da half es garnichts, dass der Arzt auf die Aussagen des Erlasses der hohen Ministerialen verwies. Der aufmüpfige Prüfer verharrte auf dem Standpunkt, dass die Kfz-Grundmodelle (Motor schwächer

und nur mit Zweiradantrieb) den betrieblichen Erfordernissen des Unternehmers hinreichend genügt hätten.

Der darob angerufene Verwaltungsgerichtshof ) belehrte den Unternehmer zunächst einmal darüber, dass Erlässe der Finanz für die Höchstrichter Schall und Rauch seien, für die Zensiten überhaupt, und

dass derlei Editionen keine Basis für Treu und Glauben seien. Womit freilich auch der 467.000-Schilling-Preisgrenze plötzlich der (erlassgefestigte) Boden entzogen wurde.

Grundmodelle als Vorgabe?

Denn nach Meinung des Gerichtshofes kann ein Betriebsfahrzeug auch der "angemessenen" Preisklasse unangemessen sein und auf ein handelsübliches Grundmodell heruntergekürzt werden, wenn es durch

verstärkte Motoren, sportliches Styling oder Sonderausstattungen über das Niveau eines Mittelklassewagens hinaus aufgemotzt ist. Gesellschaftliches Repräsentationsgehaben oder private Motivation

müssen steuerlich unbeachtlich bleiben.

Eine Stellungnahme der Finanzverwaltung zur neuen Flexibilität der betrieblichen Autoangemessenheit steht noch aus. In Kreisen der Steuerberater wird die neue Judikatur mit Unbehagen aufgenommen,

weil · so fürchtet man · die endlosen Streitereien um die Grenze zwischen Zweckmäßigkeit und vorgeblicher Repräsentationstangente nun bei jeder Steuerprüfung wieder neu aufflammen könnten. Wie weit

derlei Kasuistik führen kann, zeigt ein anderes Judikat des Höchstgerichts (von September 1997). Dort hatten die Richter sogar bei einem 13.000 Schilling teuren Betriebsfahrrad schon eine

Luxustangente geortet.

) VwGH-Erk. v. 22.9.1999, Zl. 97/15/0005