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Ausländische Unternehmen in den USA sind alarmiert, aber nicht ohne Hoffnung.
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Washington/Wien. Als Donald Trump vor knapp einer Woche bei einer Veranstaltung in Louisville das Comeback der Kumpel beschwor, mag das für ihn nicht viel anders gewesen sein als all die anderen Versprechen, die er im Laufe der vergangenen zwölf Monate abgegeben hatte. Und dass er damit den Nerv der Menschen hier in Kentucky traf, wusste der Präsident spätestens seit Wahlkampfzeiten. Schließlich gehört der 4,3 Millionen Einwohner zählende Bundesstaat zu den Kohlehochburgen der USA.
Aus heutiger Sicht dürfte das den Bergleuten von Louisville gemachte Versprechen allerdings viel mehr wert sein. Denn nach den juristischen Schwierigkeiten rund um die Einreiseverbote und dem furiosen Scheitern bei der Rücknahme von Obamacare kann sich Trump mit der beschlossenen Deregulierung von kohleverarbeitenden Betrieben endlich wieder als Präsident mit Macherqualitäten präsentieren. Trump unterzeichnete am Dienstag ein Dekret, mit dem Kernstücke der Umweltpolitik der Vorgängerregierung aufgeweicht werden sollen. Seine Regierung beende den "Krieg gegen Kohle".
Zudem gibt es für Trump einen nicht zu unterschätzenden Zusatzeffekt. Die versprochene Rückbesinnung der US-Wirtschaft auf die alten Industrien und die traditionelle amerikanische Arbeitskraft nimmt nun erstmals auch konkret Gestalt an.
Doch viel mehr als ein erstes öffentlichkeitswirksames Schlaglicht ist es nicht. Auch zehn Wochen, nachdem Trump ins Weiße Haus eingezogen ist, herrscht noch immer Rätselraten darüber, wie sich "America First" in den nächsten Jahren tatsächlich niederschlagen wird. Ungewissheit herrscht vor allem bei den vielen ausländischen Betrieben, die entweder selbst in den USA Fabriken oder Niederlassungen haben oder für die das Land einfach nur ein wichtiger Exportmarkt ist. Denn wenn Trump seine Ankündigungen wahr macht und Importzölle verhängt oder die sogenannte Grenzausgleichssteuer (Border Adjustment Tax) einführt, wäre das vor allem für exportorientierte Länder ein massiver Schlag. "Österreichische Unternehmen schauen sich derzeit etwa ganz genau die Situation in Mexiko an", sagt Michael Friedl, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in New York. "Und während manche ihre Investitionen durchziehen, warten andere noch bewusst ab." Um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, haben Friedl zufolge viele Firmen die Beobachtung der US-Wirtschaftspolitik verstärkt: "Bei einigen Unternehmen wurden dafür sogar eigene Komitees gebildet."
Eine Frage des Überschusses
Ein ganz ähnliches Bild zeichnet sich auch in Deutschland ab. So will etwa der Autobauer BMW trotz der angedrohten Strafzölle an seinem geplanten Werk in Mexiko festhalten. Deutlich zögerlicher zeigt man sich beim Stahlriesen ThyssenKrupp, wo man die "America First"-Politik als Risiko für weitere Investitionen südlich der US-Landesgrenze betrachtet.
Dass gerade österreichische und deutsche Firmen derzeit besonders aufmerksam über den Atlantik blicken, hat vor allem mit der makroökonomischen Ausgangslage zu tun. So sind die USA für Österreich der zweitwichtigste Außenhandelspartner, für Deutschland sogar der wichtigste. Beide Länder haben zudem einen enormen Handelsüberschuss mit den USA. Im Jahr 2016 exportierte Deutschland Waren im Volumen von 107 Milliarden Euro in die USA, die Importe von dort beliefen sich dagegen nur auf 58 Milliarden Euro. Ganz ähnlich ist das Verhältnis in Österreich: Hier standen zuletzt 9,1 Milliarden Euro bei den Exporten 5,3 Milliarden Euro bei den Importen gegenüber. Die USA kämpfen dagegen seit Jahrzehnten mit einem extremen Handelsbilanzdefizit, im Jahr 2016 stieg das Minus nochmals deutlich auf 480 Milliarden Dollar. Der Importüberschuss muss durch Geld aus dem Ausland finanziert werden. Viele Amerikaner sind bereits hoch verschuldet.
"Handelskrieg kommt nicht"
Doch Experten gehen davon aus, dass am Schluss doch nicht alles so heiß gegessen werden dürfte wie gekocht. "Einen Handelskrieg zwischen den USA und Europa wird es wohl nicht geben", meint Friedl, der auch auf die große wirtschaftliche Autonomie der einzelnen US-Bundesstaaten verweist. Maximal werde es Strafzölle gegen einzelne Branchen geben, die dann aber wahrscheinlich mit Anti-Dumping-Maßnahmen gerechtfertigt werden würden. Gegen einen Handelskrieg dürfte vor allem auch sprechen, dass drastische Importzölle für die USA selbst riskant wären. Denn sollten die betroffenen Länder mit Vergeltungsmaßnahmen zurückzahlen, kämen auch die Amerikaner unter Druck, denn an den US-Ausfuhren hängen nicht weniger als zwölf Millionen Jobs. Zudem würde durch die Einführung von hohen Strafzöllen die ganze Architektur der Welthandelsorganisation WTO ausgehebelt, deren sich die USA in der Vergangenheit selbst immer wieder gern bedient haben - vor allem, um den großen Rivalen China zu verklagen.