Gemeindebund mit Bilanzen der Gemeinden zufrieden- aber er mahnt.
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Wien. Fast hätte es der FC Gratkorn geschafft, den Aufstieg in die Bundesliga. Spiele gegen Rapid, Austria, Salzburg und Sturm Graz, das wäre sogar eine Art Derby gewesen. Kapfenberg war vor einigen Jahren noch ein paar Siege besser als der zweitplatzierte FC Gratkorn. In diesem Juni musste der Dorfklub Insolvenz anmelden, der Traum war vorbei- und der Alptraum für die Gemeinde begann.
40 Millionen Euro Schulden hat der Ort angehäuft, ein Prüfbericht der Gemeindeaufsicht liegt bei der Staatsanwaltschaft. Über diverse Tricks dürfte über Jahre immer wieder Geld in Richtung des Klubs geflossen sein, etwa über erhöhte Zahlungen an Betriebe, die dann den Verein gesponsert haben. "Wenn der Verein Geld brauchte, haben sie halt was gebaut oder asphaltiert", sagt der grüne Gemeinderat Martin Holzer. Gratkorn muss nun rigoros sparen, allein die laufende Gebarung weist ein Minus von 4,5 Millionen Euro aus.
Verschuldung gesunken
Gratkorn ist das, was man eine "Abgangsgemeinde" nennt. Und deren Zahl steigt. Von den insgesamt 2353 Gemeinden in Österreich haben 805 im Vorjahr eine negative Bilanz ausgewiesen, im Jahr 2011 waren es noch 646. Das ist die schlechte Nachricht aus dem Gemeindefinanzbericht, der am Mittwoch präsentiert wurde. Ein "Wermutstropfen", sagt Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebundes.
Die Irrsinnigkeiten aus Gratkorn können freilich nicht als stellvertretend für die Situation der Gemeinden gewertet werden, es ist ein Einzelfall. Zumindest was die Gründe für die Verschuldung betrifft. Denn dass die heimischen Gemeinden verschuldet sind, ist auch dem Finanzbericht zu entnehmen, sie liegen aktuell bei 11,4 Milliarden Euro.
Mödlhammer ist dennoch zufrieden und bezeichnet die Gemeinden als "Spar- und Reformmeister", da die Schulden wie schon 2011 gesenkt werden konnten, diesmal um 282,5 Millionen Euro. Allerdings ist laut Kommunalkredit die Anzahl der Haftungen von 6,92 Milliarden auf 7,05 Milliarden Euro gestiegen, was das Zentrum für Verwaltungsforschung, kurz KDZ, vor allem mit Ausgliederungen von kommunalen Dienstleistungen begründet.
Das Forschungszentrum interpretiert den Bericht generell zurückhaltender als Mödlhammer, der angesichts gestiegener Investitionen (plus 8,2 Prozent) und gesunkener Verschuldung sogar von einem "Tag der Freude" sprach. Das KDZ erkennt "keine substanzielle Verbesserung der finanziellen Situation" der Gemeinden und führt die positiven Zahlen auf Einmaleffekte zurück. Dass die Situation für die Gemeinden aber nach wie vor sehr angespannt ist, bekennt aber auch Mödlhammer.
"Der Reformstau ist nach wie vor groß", sagt er. Dazu würden immer mehr Verordnungen sowie Anforderungen, etwa im Sozial- und Gesundheitsbereich, die Gemeinden belasten. Doch was tun? Einnahmenseitig ist für die Gemeinden nicht viel drin, da sie direkt nur Kommunalsteuer und Grundsteuer einheben. Erstere ist für strukturschwache Gemeinden kaum relevant, die Grundsteuer ist wiederum so niedrig, dass sie die Regierung nach Rüge der Verfassungsrichter reparieren muss. "Aber große Sprünge werden da nicht kommen, weil es das Wohnen sonst verteuern würde", sagt Mödlhammer.
Einsparungsmöglichkeiten gibt es. Mödlhammer sieht sie bei Deregulierung, Bürokratieabbau und einer Entflechtung der Finanzströme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Da rechnet er gar mit Einsparungen in der Höhe von 70 Millionen Euro.