Der Wahlkampf ist wieder voll entfacht. Obwohl die Wahl nur wiederholt wird, ist diesmal einiges anders.
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Wien. Es ist wieder Wahlkampf. Das dreieinhalbte Mal heuer. Nach der Aufhebung der Stichwahl durch das Verfassungsgericht und der Wahlverschiebung wegen schadhafter Wahlkarten sind beide Präsidentschaftskandidaten wieder im Wahlkampfmodus. Dabei merkt man, dass sowohl Alexander Van der Bellen als auch Norbert Hofer um neue Wähler buhlen. Und: Den Kandidaten und ihren Wahlkampfteams geht langsam die Puste aus.
Denn eigentlich wurde schon alles beim ersten Wahlgang gesagt und gezeigt. Und doch ist es diesmal anders, wie Politologin Eva Zeglovits meint. "Es ist schwierig, von einer Wahlwiederholung zu sprechen. Es ist eine neue Wahl", sagt sie. Sowohl die Themenlage als auch das Elektorat hätten sich seit Mai verändert.
"Beide Kandidaten versuchen, Hürden abzubauen. Und zwar für jene Leute, die sie potenziell ansprechen könnten", sagt Politikberater Thomas Hofer. Und beide setzten auf die Schwächen des anderen. "Im Wahlkampf gibt es grundsätzlich zwei Emotionen: Angst und Hoffnung. Und bei beiden spielt jetzt die Angst die größere Rolle", so Hofer.
In Van der Bellens Lager ist es die Angst vor dem unberechenbaren "Austro-Trump" Hofer, dem man den Öxit umhängt. Und im Hofer-Lager ist es die Angst vor dem elitentreuen, Flüchtlings-freundlichen Van der Bellen, der more of the same bringt.
So wahr ihm Gott helfe
Auch wenn sich die Zielgruppen nicht wesentlich verändert haben, hat sich doch der Kommunikationsstil beider Kandidaten gewandelt. Der freiheitliche Kandidat Hofer setzt bei der bevorstehenden Wahl am 4. Dezember auf Gott. Auf all seinen neuen Wahlplakaten steht "so wahr mir Gott helfe". Eigentlich passen Gott und Kirche nicht in die traditionell antiklerikal geprägt FPÖ, die ihren Ursprung in den liberalen Burschenschaften des 19. Jahrhunderts hat. Seit Jörg Haider und auch unter ihrem jetzigen Obmann Heinz Christian Strache ist man aber, im Sinne der Stimmenmaximierung, um Nähe und Versöhnung bemüht.
Zudem passt das Hochhalten von christlichen Werten zum Stil der neuen europäischen Rechten. Von Frankreichs Marine Le Pen über Ungarns Viktor Orbán bis Polens Beata Szydlo setzt man auf die Rückbesinnung auf das Christliche und das Abendland, die vor vermeintlicher Überfremdung und dem Islam geschützt werden müssten.
Hofer selbst ist aus der katholischen Kirche ausgetreten und jetzt evangelisch. Mit dem Gottesbezug auf seinen Wahlplakaten ortet Zeglovits zum einen den Versuch, traditionell geprägte, katholische Wähler auf dem Land anzusprechen. "Jene, die sonst die ÖVP wählen." Zum anderen könnte das die Angst vor der Überfremdung schüren. Der Versuch, sich als Retter des Abendlandes zu inszenieren. Bei den Kirchenvertretern selbst kommt die Gottesnähe nicht so gut an. Die Evangelischen Kirchen Österreichs kritisierten etwa den Versuch "der Instrumentalisierung für eigene Zwecke".
Der Beinahe-Präsident
Auch Alexander Van der Bellen versucht diesmal in für Grüne untypischen Schichten zu fischen. Er war in den vergangenen Wochen viel in den Bundesländern unterwegs und hat unzählige Dorffeste und Bierzelte besucht. Bei der ersten Stichwahl konnte er, anders als sein Kontrahent, am Land nicht punkten. Zeglovits ortet hier einen Versuch, bei den traditionellen ÖVP- und Griss-Wählern Stimmen zu holen.
Und noch etwas ist anders. "Er will über den Dingen stehen und tut so, als sei er schon Präsident", meint Politikberater Hofer. Bei seiner Rede anlässlich des Nationalfeiertags wünschte sich Van der Bellen "als Präsident zu Ihnen sprechen zu dürfen". Er forderte von der Regierung mehr Respekt im Umgang miteinander ein. Ganz so, wie es ein "neutraler" Präsident tun würde. Auf seinen Wahlplakaten setzt er auf Überparteilichkeit und auf ein staatsmännisches Auftreten. Laut Politikberater Hofer bezieht er auch weniger stark Stellung als sein Kontrahent Hofer, etwa zu Themen wie Ceta. Er warnt vor den Folgen des Brexit und spricht Hofer das Staatsmännische ab.
Die größte Hürde - hier sind sich beide Polit-Experten einig - wird es sein, alle Wähler wieder zum Urnengang zu bewegen. Mit 72,7 Prozent war die Wahlbeteiligung schon bei der ersten Stichwahl relativ hoch. Genauso schwer wie neue Wähler zu gewinnen, ist es, die alten zu halten. Und diese könnten zu Hause bleiben. Denn nicht nur bei den Kandidaten selbst, sondern auch bei den Stimmberechtigten ist der Frust ob der Aufhebung und Verschiebung deutlich zu spüren. "Bei diesem Wahlgang ist wieder alles offen", meint Hofer.