Ohne Einigung droht schon nächsten Monat die Zahlungsunfähigkeit.
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Washington/Wien. Die USA stehen vor dem Bankrott. Wieder einmal. Wenn der Kongress nicht einer Erhöhung der Schuldenobergrenze zustimmt, wird die Regierung wohl irgendwann zwischen Mitte Oktober und Mitte November zahlungsunfähig sein. US-Finanzminister Jacob Lew glaubt, es könnte schon Mitte Oktober so weit sein, die Haushaltsbehörde des Kongresses schätzt zwischen Ende Oktober und Mitte November.
Vor allem die Republikaner im Kongress weigern sich derzeit, ihre Zustimmung dazu zu geben, dass die Regierung noch mehr Schulden machen darf. Den Finanzmärkten könnte damit eine ähnliche Geisterbahnfahrt bevorstehen wie 2011. Da sich US-Präsident Barack Obama und der Kongress damals nicht rechtzeitig auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze einigen konnten, stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s die USA zum ersten Mal in ihrer Geschichte herab. Das wiederum führte zu einem Einbruch der Märkte weltweit. In den USA gab der Dow-Jones-Index, der die Entwicklung des US-amerikanischen Aktienmarktes misst, an einem einzigen Tag 5,6 Prozent nach. Dieses Szenario könnte sich wiederholen. Im Jänner 2013 hat die Ratingagentur Fitch bereits angekündigt, die USA herabzustufen, sollte auch diesmal nicht rechtzeitig die Schuldenobergrenze angehoben werden.
Diese Grenze wurde rein formal bereits am 31. Dezember 2012 erreicht, die im Jahr davor mit 16,4 Billionen Dollar festgesetzt wurde. Ab diesem Zeitpunkt rettete sich das Finanzministerium mit Notfallmaßnahmen über die Zeit. Obama und der Kongress einigten sich im Februar darauf, die Schuldengrenze bis Mai aufzuheben. Nach Ablauf der Frist trat sie in einer Höhe der bis dahin angesammelten Schulden von 16,7 Billionen Dollar wieder in Kraft. Seither hantelt sich das Finanzministerium wieder mit Notfallmaßnahmen von Tag zu Tag, um das Schuldenlimit zu umgehen und vermeidet so den Bankrott. Zu diesen Maßnahmen zählte unter anderen die Aussetzung von Investitionen für bestimmte staatliche Pensionskassen. Doch auch das wird schon bald nicht mehr helfen.
Republikaner gegen Gesundheitsreform
Zugleich ist schon das nächste finanzpolitische Horrorszenario in Sicht: Am 1. Oktober beginnt das neue Haushaltsjahr. Der Kongress muss daher bis Ende September den Haushalt weiter genehmigen. Tut er das nicht, droht ebenfalls Zahlungsunfähigkeit. Dies könnte dazu führen, dass etwa keine weitere Sozialhilfe gezahlt werden kann, Beamte würden in Zwangsurlaub geschickt, Ämter und Museen müssten geschlossen bleiben.
Die Republikaner im Kongress weigern sich, grünes Licht für eine Anhebung der Schuldenobergrenze zu geben, weil sie diese an Einsparungen im kommenden Budget gekoppelt sehen möchten. Das wäre für die Regierung an sich nicht weiter tragisch, hätten sie dabei nicht ausgerechnet Obamas Prestigeobjekt im Visier: die Gesundheitsreform, die der Präsident unter größtem Einsatz und politischen Verlusten durchgeboxt hat.
Darüber werde er nicht verhandeln, erklärte Obama. "Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals eine Zeit gegeben hat, in der die Fraktion einer Partei wirtschaftliches Chaos versprochen hat, wenn sie nicht 100 Prozent von dem bekommt, was sie will." Damit meinte er die radikale Tea-Party-Bewegung, der einige der republikanischen Abgeordneten angehören und die seit jeher gegen die Gesundheitsreform Obamas Sturm gelaufen ist, durch die jeder Amerikaner eine Krankenversicherung erhält. Die Tea Party vertritt die Ansicht, dass es jedem Amerikaner selbst überlassen sein sollte, ober er krankenversichert ist, oder nicht.
Der republikanische Sprecher des Abgeordnetenhauses John
Boehner evozierte am Mittwoch finster die Erinnerungen an 2011: Die Debatte werde sich nicht von jener 2011 unterscheiden, bei der seine Partei die Erhöhung der Schuldenobergrenze an Sparmaßnahmen gekoppelt hatte. In Washington machten Gerüchte die Runde, Boehner plane darüber abstimmen zu lassen, ob die Genehmigung des Haushalts an Maßnahmen gekoppelt werden soll, der Gesundheitsreform die finanzielle Basis zu entziehen. Der republikanische Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus, Eric Cantor, wiederum erklärte, dass schon nächste Woche Maßnahmen für das Schuldenlimit präsentiert würden, die die Gesundheitsreform verzögern.
Ob der unversöhnlichen Positionen können sich die Finanzmärkte schon auf den nächsten Horrortrip gefasst machen.