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Angst vor dem Islam - eine Krankheit?

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Dass der Herr Bundespräsident Menschen, denen der Islam Sorge bereitet, salopp für gestört erklärt, ist nicht sehr hilfreich.


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Dass ein hohes Amt, kombiniert mit einem fortgeschrittenen Alter, nicht unbedingt besondere Weisheit generieren muss, demonstrierte uns jüngst der Heilige Vater auf besonders spektakuläre Art und Weise. Indem er die griechischen Flüchtlingslager mit KZ verglich, widerlegte er den alten Volksglauben, Gott gebe mit dem Amt auch den Verstand. Der logisch zwingend zulässige Umkehrschluss aus dem Vergleich, dass es in den KZ so ähnlich zugegangen wäre wie heute in griechischen Flüchtlingslagern, verhöhnt nicht nur die Opfer des Holocaust, er schrammt auch verdammt eng an der hierzulande strafbaren Holocaustleugnung vorbei. Denn in den griechischen Lagern mag alles Mögliche und Unmögliche stattfinden - ein Holocaust aber nun doch eher nicht. Wäre der Papst nicht Alleinherrscher eines Gottesstaates, sondern demokratisch gewählter Politiker, wäre ein Rücktritt angesichts solchen Unfugs wohl unvermeidlich.

Nicht viel erbaulicher freilich ist, was ein anderer älterer Herr mit höchstem Amte, Alexander Van der Bellen, sozusagen der hiesige Kollege des vatikanischen Staatschefs, so von sich gegeben hat. Im ORF-"Report" meinte Österreichs Bundespräsident bei einer Diskussion mit Schülern: ". . . und wenn das so weitergeht, bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun."

Die Vorstellung, vom Bundespräsidenten höchstpersönlich dazu aufgefordert zu werden, ihr Haupthaar nach muslimischer Sitte sittsam zu verhüllen, wird die vielen Frauen, die ihm ihre Stimme gegeben haben, ganz sicher in eine Stimmung freudiger Erwartung versetzen. Solidarität mit den frauenverachtenden Symbolen einer reaktionären Kultur, eine Art Submission, wie der französische Autor Michel Houellebecq das in seinem jüngsten Roman nennt - danach steht den meisten Frauen im Land sicher der Sinn. Dass der Präsident die Erklärung nachreichte, dies sei "Ironie", überzeugt nicht wirklich.

Genauso unerfreulich ist, dass Van der Bellen sich den vom politischen Islam geprägten Kampfbegriff der "Islamophobie" aneignet und damit alle, die durchaus berechtigte Sorge um bestimmte Aspekte des Islam haben, zu Geisteskranken erklärt. Denn unter einer "Phobie" versteht das Lexikon nun einmal eine "Angststörung", also eine "psychische Störung, gekennzeichnet durch exzessive, übertriebene Angstreaktionen beim Fehlen einer akuten äußeren Gefahr oder Bedrohung". 

Es ist ein befremdliches Amtsverständnis, das der Bundespräsident da an den Tag legt. In jenem Milieu, aus dem er stammt, würde man es vermutlich mit Recht wenig goutieren, würde die dort oft recht zupackend formulierte Kritik etwa an der Kirche als Ausfluss einer psychiatrischen Erkrankung bezeichnet.

Die (jüdische) kanadische Journalistin Lorrie Goldstein hat unlängst auf ähnlich unpassende Warnungen des kanadischen Premiers Justin Trudeau vor "Islamophobie" die richtigen Worte gefunden: "Bei allem Respekt - es geht Sie gottverdammt nichts an, ob ich mich vor dem Islam fürchte." Genauso wenig, wie das den österreichischen Bundespräsidenten etwas angeht.