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Eigentlich ist den Worten von Daniela Iraschko nichts hinzuzufügen. "Wenn sich die Olympischen Gremien darüber aufregen, müssen sie sich vorher überlegen, an welches Land sie Olympische Spiele vergeben", sagt sie zur Diskussion um das russische Gesetz, das positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen unter Strafe stellt und derzeit bei der Leichtathletik-WM in Moskau für Aufregung sorgt.
Iraschko ist Skispringerin, eine der österreichischen Medaillenkandidatinnen bei Olympia 2014 in Sotschi - und bekennende Homosexuelle. Sie werde nicht nach Russland fahren, um Politik zu betreiben, stellt sie klar, sich aber auch nicht verstecken oder verbiegen. Das tun ohnehin viel zu viele Athleten unter dem Druck von Öffentlichkeit und Sponsoren, wodurch Homosexualität im Sport noch immer ein Tabuthema ist. Veranstaltungen in Ländern wie Russland zu boykottieren, hat nach Ansicht der meisten aber keinen Sinn, der Leidtragende wäre der Sportler selbst.
Was also kann man tun? Den Mund zu halten, ist eine - von vielen gewählte - Möglichkeit. Die schwedische Hochspringerin Emma Green-Tregaro wählte eine andere: Zum Wettkampf trat sie mit in Regenbogenfarben lackierten Fingernägeln an. Es war kein Gesetzesbruch, keine Propaganda - einfach eine Geste der Solidarität. Und rühmt sich der internationale Sport nicht gerade derer?
Der Putin-getreuen Stabhochsprung-Weltmeisterin Jelena Isinbajewa allerdings war selbst das zu bunt. Sie finde es respektlos, sagte sie und holte zu einem (später abgeschwächten, aber dennoch bedenklichen) Statement aus: "Wir sind Russen, wir sind vielleicht anders als die Europäer, aber wir sind normale Leute. Bei uns leben eben Männer mit Frauen und Frauen mit Männern", meinte sie. Und überhaupt: Wenn man "all diese Dinge" auf der Straße erlauben würde, müsse man "um die Nation fürchten". Falsch. Viel eher sollte man Angst um Russland haben, wenn Russland schon Angst vor bunt lackierten Fingernägeln hat.