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Im österreichischen Parlament finden keine Revolutionen statt, sondern unspektakuläre Kompromisse. In den allermeisten Fällen ist das zweifellos die weit bessere Variante. Dennoch sollte sich keiner der Beteiligten sicher sein, dass es nicht auch einmal - im übertragenen Sinn natürlich - laut krachen kann. Wobei es zu den spannenderen Fragen gehört, wie sich schon im Vorhinein erkennen lässt, welcher Tropfen denn das Fass zum Überlaufen bringen wird. Die wenigsten Medien taugen hierfür als verlässliche Beobachter. Nähe und Atemlosigkeit trüben den Blick für die im Verborgenen wirkenden Kräfte.
Seit fast fünfzehn Jahren geistert nun ein großer Bruch in der Möglichkeitsform durch die Innenpolitik. Die einen fiebern ihm im Erlösungswahn entgegen, die anderen inszenieren sein Kommen voller Angstlust. Bisher jedenfalls ist dieser Bruch mit den Traditionen der Zweiten Republik ausgeblieben, auch wenn manche fest davon überzeugt sind, in Schwarz-Blau sein Antlitz gesehen zu haben.
Aufgeschoben ist allerdings nicht aufgehoben. SPÖ und ÖVP sollten sich nicht zu sicher fühlen. Dafür ist das Verhältnis zwischen Politik und Bürgern mittlerweile zu sehr zerrüttet, als dass sie - nach pflichtschuldiger Ablieferung einiger kleiner Reförmchen - einfach so weitermachen könnten.
Die Art und Weise, wie sich Politik finanziert, ist von einem Randthema zu einer entscheidenden Grundsatzfrage für das Vertrauen in die Parteien geworden. Das Thema wird nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden. Dazu macht Gelegenheit viel zu viele Diebe. Und Pardon wird diesbezüglich nicht mehr gegeben. Hoffentlich ist diese Einsicht mittlerweile bei allen Akteuren angekommen. Falls nicht, sind an deren Zurechnungsfähigkeit ernste Zweifel angebracht.
Und noch ein Erbe einer scheinbar seligen Vergangenheit erweist sich heute als Hypothek: der Größenwahn der Parteien, die ganze Gesellschaft mit ihren Seilschaften zu durchziehen und Mitglieder in den Hunderttausenden zu werben. Das hat nämlich dazu geführt, dass jede Affäre, jeder Skandal sofort auch eine parteipolitische Dimension erfährt.
Womöglich ist das Konzept der Massenmitgliederparteien doch nicht die beste Idee für Politik in säkularen Zeiten. Auch darüber sollten SPÖ und ÖVP einmal nachdenken. Die Sache mit dem Geld würde sich dafür durchaus anbieten.