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Anhebung des Pensionsalters nur "statistischer Effekt"?

Von Clemens Neuhold

Politik

Doch keine Einigung auf Pensionen - ÖVP ist Anhebung auf 60 Jahre zu wenig.


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Wien. Es sah schon nach Einigung aus: Durch ein Pensionsmonitoring wollten SPÖ und ÖVP bis 2018 sicherstellen, dass das tatsächliche Antrittsalter bis 2018 von 58,4 auf 60 Jahre ansteigt. Alle sechs Monate wird überprüft und nötigenfalls nachjustiert. Wie? Das wollte man offen lassen.

Doch auf Druck ihres Wirtschaftsflügels hat die ÖVP das fertige Paket wieder aufgeschnürt. Die Kritik: Die Anhebung sei ein "statistischer Effekt" einer bereits beschlossenen Maßnahme, nämlich der Umstellung der Invalididätspension ("I-Pension") auf Rehab-Programme. Dadurch fallen pro Jahr tausende Bezieher aus der Frühpension. Das sei aber nicht mit einer echten Anhebung des Pensionsalters zu vergleichen, weil die Kosten sofort wo anders entstehen und nur verschoben werden - zu Rehab-Programmen oder Umschulungen.

Noch früher gegen

die Frühpension

Deswegen soll die ÖVP nun auf weitere Verschärfungen bei der Korridorpension, der Schwerarbeiterpension und der Altersteilzeit drängen. So könnte der Zugang zur Korridorpension von 63 auf 64 angehoben oder die Abschläge für Frühpensionen erhöht werden.

Die Zeit drängt. Die Verhandlungen müssen bis Ende nächster Woche fertig sein, damit sich die Präsentation im Parlament rechtzeitig vor Weihnachten ausgeht, sonst hilft nur noch eine Weihnachtssitzung am 23. Dezember. Das wünscht sich aber niemand. Und neben Pensionen gibt es noch größere Brocken aus dem Weg zu räumen.

Ein möglicher Kompromiss bei den Pensionen: Der verschärfte Zugang zur Frühpension wird jetzt definiert und kommt zumindest dann automatisch, wenn die halbjährliche Überprüfung negativ ist, das Antrittsalter also nicht wie geplant Richtung 60 steigt.

Der Pensionsexperte Wolfgang Mazal hält das Ziel wegen des "statistisch erwartbaren Effekts" bei der I-Pension für "sehr realistisch. Sehr ambitioniert sei das Ziel aber nicht.

Doch zumindest diese Variante muss die ÖVP der SPÖ wohl noch abringen, um gegenüber den internen Kritikern das Gesicht zu wahren. Um das zu erreichen, hält die Volkspartei - wohl aus taktischen Gründen - weiter an ihren Maximalforderungen fest: der früheren Anhebung des faktischen Frauenpensionsalters vor 2024 und der Pensionsautomatik.

Wie lange bleibt der Gender-Gap?

Beim gesetzlichen Frauenpensionsalter (derzeit 60) will die ÖVP durchsetzen, dass es schon nach 2018 Richtung 65 steigt und nicht erst ab 2024. Die SPÖ ist strikt dagegen und argumentiert unter anderem mit dem Vertrauensschutz. Laut Mazal ist es ausjudiziert, dass eine frühere Anhebung zumindest verfassungsrechtlich kein Problem wäre.

Die Pensionsautomatik sieht vereinfacht gesagt vor, dass das Antrittsalter mit der Lebenserwartung steigt und die nachhaltige Absicherung der Pension dem Partei-Hickhack entzogen wird.

Die Pensionsautomatik belastete schon 2008 die Beziehung zwischen SPÖ und ÖVP. Die ÖVP drängte darauf und erzielte weitgehende Einigung mit dem damaligen SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger. Doch dieser wurde in der eigenen Partei von SPÖ-Chef Werner Faymann und dem Pensionsverhandler der SPÖ, Karl Blecha, zurückgepfiffen. Beide sind in den aktuellen Verhandlungen über die nächste Regierung tonangebend, deswegen wird das "Njet" wohl auch heute gelten. Oder es kommt eine Kompromissvariante auf den Tisch, die Faymann kurz vor der Totalablehnung in die Pensionsautomatik hineinreklamierte: Dass das Parlament weiter mitredet und vor jeder Anhebung des Antrittsalters, die der Automatismus vorsieht, einen Beschluss fassen muss.