Evan Gershkovich sitzt seit Ende März in Moskau im Gefängnis. Ein Antrag auf Aussetzung der Untersuchungshaft wurde nun abgelehnt.
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Wenig Raum für Beobachter und noch weniger Raum für Überraschungen bot der kleine holzverkleidete Moskauer Gerichtssaal, der am Dienstag Schauplatz für den Haftprüfungstermin des Wall-Street-Journal-Reporters Evan Gershkovich war. Wie zu erwarten, wurde dem Antrag der Verteidigung auf Aussetzung der Untersuchungshaft nicht stattgegeben.
Der seit dem 29. März unter Spionageverdacht inhaftierte Journalist, der vor Gericht ein kariertes Hemd und Jeans trug, musste die Anhörung in einer kleinen verglasten Sicherheitszelle miterleben. Vor Beginn der Verhandlung bugsierten vermummte Beamte die anwesenden Pressevertreter durch den Saal, später flankierten ebenfalls maskierte FSB-Mitarbeiter den aquariumartigen Glaskasten.
Der aus einer russischsprachigen Familie stammende Gershkovich war nach einem Restaurantbesuch in Jekaterinburg verhaftet worden, nachdem er dort zuvor zur Einstellung der Bevölkerung zum Angriffskrieg gegen die Ukraine und zur berüchtigten Söldnergruppe Wagner recherchiert hatte.
Leidenschaft für den Journalismus und für Russland
Gershkovich berichtet seit sechs Jahren aus Russland und gilt als großer Freund von Kultur, Sprache und Eigenarten des Landes. Doch zeichnen seine letzten Veröffentlichungen ein kritisches Bild seiner Wahlheimat. Offen wies er auf das Abdriften in eine Diktatur hin, was ihn trotz offizieller Kreml-Akkreditierung vermutlich ins Fadenkreuz der Behörden rückte.
Vor knapp zwei Wochen gelangte ein Schreiben Gershkovichs an seine Eltern an die Öffentlichkeit, in welchem er seine Mutter wissen ließ, dass diese ihn mit russischem Frühstück bereits in der Kindheit auf das Essen im Gefängnis vorbereitet hatte. Im auf Russisch verfassten Brief betont der von seiner Familie Vanya genannte Gershkovich, dem bei Verurteilung bis zu zwanzig Jahre Haft drohen, die Hoffnung nicht zu verlieren. Auch für einen Profi wie Gershkovich ein sicher schweres Unterfangen, handelt es sich bei dem 31-jährigen doch um einen weiteren US-Bürger, der von der Russischen Föderation als Faustpfand genutzt werden könnte.
Präzedenzfall Brittney Griner: US-Bürger als Faustpfand
Wenige Tage vor Kriegsbeginn im Februar vergangenen Jahres wurde die Basketballerin Brittney Griner bei der Einreise am Moskauer Flughafen festgenommen, nachdem ein halbes Gramm Cannabisöl bei ihr gefunden wurde. Nachdem Griner vergangenen August zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und im November in eine Strafkolonie verlegt wurde, kam sie nur einen knappen Monat später frei. Ausliefern mussten die Vereinigten Staaten im Gegenzug jedoch den Waffenhändler Wiktor But, der in den USA zu 25 Jahren Haft verteilt wurde, von denen noch vierzehn ausstanden.
Weiter Ende Mai
Inwiefern ein Gefangenenaustausch auch im Fall Gershkovich eine realistische Möglichkeit ist, scheint unklar. Die Tatvorwürfe der Spionage wiegen weitaus schwerer als 0,5 Gramm Cannabis, Bildsprache und Inszenierung des Prozesses weisen aber in jedem Fall deutliche Parallelen zum Fall Griner auf.
Ein weiterer Gerichtstermin ist erst für Ende Mai vorgesehen, doch sind immerhin die Haftbedingungen den Anwältinnen zufolge annehmbar. Ihr Mandant freue sich über Briefe. (mog)