Neue Bedingungen für EU-Beitrittsverhandlungen lehnt Ankara ab. Einmal mehr stellte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gestern klar, dass die Türkei nur eine Vollmitgliedschaft akzeptieren werde. Innerhalb der EU ging unterdessen das Tauziehen um mögliche zusätzliche Auflagen und ein Datum für den Gesprächsbeginn weiter.
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Mit dem Wort "ergebnisoffen" könnte sich vielleicht auch die Türkei anfreunden. Alle Verhandlungen haben ein ungewisses Ende, heißt es in Ankara. Doch das Ziel der Gespräche mit der EU müsste eine Vollmitgliedschaft - und nicht etwa eine "privilegierte Partnerschaft" - sein. Diese klare Entscheidung erwartet der türkische Premier Tayyip Erdogan vom Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs, das morgen beginnt. Neue Bedingungen für die Beitrittsverhandlungen lehnte Erdogan kategorisch ab.
Keine Voraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen werde jedenfalls die Anerkennung des Völkermords an Armeniern während des Ersten Weltkrieges sein. Juristisch wäre eine Verknüpfung gar nicht möglich, erklärte der französische Außenminister Michel Barnier. Dennoch bezeichnete er den Völkermord in der Fragestunde der Pariser Nationalversammlung als "eine Wunde, die nicht verheilt". Ankara solle sich vor einem Beitritt zur EU zu diesem Teil der türkischen Geschichte bekennen, forderte der Minister. "Während der Verhandlungen werde Frankreich alle Fragen stellen, die des armenischen Völkermordes, die Zyperns", betonte er.
Ankara hingegen möchte nicht von Völkermord sondern von Kriegsereignissen sprechen. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges haben türkische Truppen Armenier in die Syrische Wüste getrieben. Nach armenischen Angaben seien dabei 1,5 Millionen Menschen ums Leben gekommen, nach Angaben internationaler Historiker waren es 600.000.
Eine Anerkennung der Republik Zypern lehnt die Türkei vor Beginn der Beitrittsgespräche ebenfalls ab. Doch laut der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" erwarte die EU eine Absichtserklärung Erdogans, zur Lösung des Zypern-Konflikts beizutragen.