Schaden soll rund 10,63 Millionen Euro betragen.
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Wien. Die mutmaßliche Kursmanipulationsaffäre bei der Telekom Austria (TA) Ende Februar 2004 goss Staatsanwalt Hannes Wandl in eine 48 Seiten starke Anklageschrift. Wandl wirft den Ex-Telekom-Vorständen Rudolf Fischer, Heinz Sundt und Stefano Colombo sowie dem Ex-Telekom-Prokuristen Josef F. und dem Euro-Invest-Banker Johann Wanovits Untreue im Zusammenhang mit einem Aktienoptionsprogramm für 95 Führungskräfte vor. Mutmaßlicher Schaden: 10,63 Millionen Euro. Sundt, Colombo, Wanovits und Josef T. bestreiten die Vorwürfe. Fischer hat laut seinem Strafverteidiger Wolfgang Brandstetter ein Teilgeständnis über die Zahlung von 500.000 Euro abgelegt.
Aber der Reihe nach: Ende Februar 2004 lief ein Mitarbeiter-Stock-Optionsprogramm für TA-Manager aus. Um die Aktienbezugsrechte der Mitarbeiter zu sichern, hatte die Telekom bereits Ende 2000 mit Merrill Lynch einen Vertrag abgeschlossen. Bereits am 18. Februar 2004 hat der Telekom-Vorstand laut Anklage beschlossen, diese Call-Optionen auszuüben und 3,325 Millionen Telekom-Aktien zum Preis von neun Euro zu erwerben. Voraussetzung für das lukrative "Optionsprogramm war, dass die Telekom-Aktie im Beobachtungszeitraum von 20. bis 26. Februar 2004 einen Kurs von 11,70 Euro erreicht.
"Nachdem sich am ersten Handelstag abzeichnete, dass der Kurs für die Ausübbarkeit des Stock-Optionsprogramms knapp nicht erreicht werden konnte", sollen die beiden Vorstände Sundt und Fischer Druck auf Finanzvorstand Colombo ausgeübt haben, dass "er dafür sorgen solle, dass Banken Aktien der Telekom kaufen, um den Kurs zu stimulieren", behauptet der Staatsanwalt. Dann sollen Telekom-Controller Gernot Schieszler, der spätere Kronzeuge, und Josef T. auf den Plan gerufen worden sein. Es wurde mit dem Investmentbanker Johann Wanovits Kontakt aufgenommen.
Der Börsenexperte soll den Managern erklärt haben, dass der Kurs der Telekom-Aktie von einem unbekannten Dritten künstlich niedrig gehalten würde. Die weiteren Gespräche sollen angeblich zu einem "Gegenangriff" auf den Telekom-Aktienkurs geführt haben.
Hohe Risikoprämie?
Laut Anklage soll Wanovits im Erfolgsfall, sprich bei Erreichen der Optionskurslatte von 11,70 Euro, rund 1,5 Millionen Euro Risikoprämie zugesagt worden sein. Im Endeffekt soll die Prämie eine Million Euro betragen haben - angeblich unabhängig davon, ob es zu einer Kurssteigerung kommt oder nicht, so die Verteidigung.
Am 26. Februar 2004 kaufte der Banker 864.381 Telekom-Aktien auf eigene Rechnung, denn der Telekom-Vorstand soll zuvor die "Kursaktion" abgesegnet haben. Schieszler soll T. angewiesen haben, Wanovits den Auftrag zu erteilen. Die Kurslatte von 11,70 Euro je Aktie wurde erreicht.
Laut Anklage sollen sich Sundt und Fischer das Optionsprogramm mit je 392.700 Euro bar ablösen lassen haben, das heißt, sie nahmen nicht die Aktien, sondern nahmen die Kursdifferenz von 2,70 Euro je Aktie als Gewinn ein. Schieszler soll 122.000 Euro und Josef T. soll 4044 Aktien und 224.000 Euro kassiert haben. Insgesamt wurden 8,87 Millionen Euro an Manager ausgeschüttet.
Kalte Füße bekommen?
Indes musste Wanovits seiner "Risikoprämie" nachlaufen. Insgesamt sollen ihm 600.000 Euro in Tranchen bei Nacht und Nebel von Schieszler und Josef T. übergeben worden sein. Zum Teil sollen die Gelder über den Lobbyisten Peter Hochegger geflossen sein. Doch aufgrund einer Prüfung der Finanzmarktaufsicht und des negativen Medienechos soll Wanovits die restliche Prämie vorerst nicht erhalten haben. Schlussendlich soll Hochegger im Auftrag der Telekom vier Analysen bei Wanovits um insgesamt 400.000 Euro in Auftrag gegeben haben - "als Vorwand für indirekte Geldflüsse von der Telekom", behauptet der Staatsanwalt. Der Vorwurf von Scheingeschäften wird von Wanovits ebenso bestritten wie der Verdacht der Untreue.
"Mein Mandant ging von einem rechtswidrigen Angriff auf den Telekom-Kurs nach unten aus und davon, durch den realen Ankauf von Aktien Schaden an den Telekom-Mitarbeitern und der Telekom selbst abzuwehren", sagt Rainer Rienmüller, Strafverteidiger von Wanovits. "Mein Mandat wird sich nicht schuldig bekennen. Er bleibt bei seiner Verantwortung, dass er von diesen Vorgängen der Kursmanipulation nichts wusste", sagt Martin Nemec, Verteidiger von Sundt. Indes sagt Universitätsprofessor Wolfgang Brandstetter, Verteidiger von Fischer: "Mein Mandant ist tatsachengeständig in Bezug auf jene 500.000 Euro, die er an Wanovits gezahlt hat. Den Rest kann man ihm nicht als Untreue zurechnen." Auch Stefan Colombos Verteidiger Kurt Kadavy kontert: "Er bleibt bei seiner Verantwortung, kein strafbares Verhalten gesetzt zu haben." Indes wird in Verteidigerkreisen bezweifelt, ob der Telekom ein Schaden entstanden ist. Denn der Aktienkurs sei später stark gestiegen.