Richter werfen Gillani vor, Verfahren | gegen Präsident Zardari zu blockieren.
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Islamabad. Als hätte Pakistan nicht schon genug Sorgen: Nun hat das Oberste Gericht des Landes am Montag auch noch Anklage gegen Regierungschef Yusuf Raza Gillani erhoben. Diese könnte den Premierminister nicht nur das Amt kosten. Falls die Richter ihn wegen Missachtung ihrer Anweisungen verurteilen, droht Gillani auch eine Gefängnisstrafe. Die Opposition fordert daher den sofortigen Rücktritt des Premiers.
Gillani gibt sich weiter kämpferisch. Mit dem Verfahren gegen den Regierungschef verschärft sich die politische Krise im Nuklearwaffenstaat weiter. Dies hat auch Konsequenzen für die Friedensbemühungen in Afghanistan. Pakistan gilt als wichtiger Partner bei den Vermittlungen zwischen den aufständischen Taliban und dem Westen, der 2014 seine Kampftruppen vom Hindukusch abziehen will.
Der Prozess gegen Gillani könnte sich über Monate hinziehen und das Land weiter destabilisieren. Die Obersten Richter hatten vom Premier die Wiedereröffnung eines alten Verfahrens gegen Präsident Asif Ali Zardari wegen Geldwäscherei verlangt. Gillani hatte dies mit Hinweis auf die Immunität des Präsidenten abgelehnt. Er beteuerte am Montag vor dem Gericht in Islamabad erneut seine Unschuld. Die Anhörung wurde danach um zwei Wochen verschoben. Gillani ist der erste Regierungschef Pakistans, der während seiner Amtszeit angeklagt wird.
Der Premier war erstmals am 19. Januar vor dem Gericht erschienen, um zu erklären, dass er wegen der Immunität von Präsident Zardari die alten Korruptionsanklagen nicht wieder aufrollen könne. Zardari, der Chef der Pakistanischen Volkspartei und Witwer von Ex-Premierministerin Benazir Bhutto, soll während der 1990er Jahre Bestechungsgelder von Schweizer Firmen erhalten haben. Er wurde gemeinsam mit seiner Frau 2003 von einem Schweizer Gericht in Abwesenheit verurteilt. Die Schweizer Behörden haben erklärt, sie können das Verfahren nicht wieder eröffnen, solange Zardari Präsident von Pakistan ist. Das pakistanische Gericht hatte daher Gillani angewiesen, dies der Schweizer Justiz zu erlauben.
Dem Premierminister drohen mindestens sechs Monate Haft und der Verlust seines Amtes. Gillani hat erklärt, er werde zurücktreten, falls das Gericht ihn verurteilen sollte. Der vor vier Jahren gewählte Politiker des Pakistanischen Volkspartei (PPP) ist bereits der am längsten regierende Premier in der 64-jährigen Geschichte Pakistans, das die Hälfte seiner Existenz unter Militärherrschaft stand. Der momentane Streit zwischen der Obersten Justiz des Landes und dem Premierminister ist nur eine Facette des komplizierten Machtkampfes zwischen der mächtigen Armee und der Regierung. Oppositionspolitiker Imran Khan verlangte den Rücktritt von Gillani. Die PPP wies diese Forderung zurück.
Der Prozess gegen Gillani ist eine willkommene Ablenkung für Pakistans Regierung: Das Land befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise, Strom und Gas sind Mangelware, islamistischer Terror, Gewalt und Entführungen gehören zum Alltag der Menschen. Die wichtigen pakistanisch-amerikanischen Beziehungen befinden sich auf einem neuen Tiefpunkt.