Zum Hauptinhalt springen

Anklage im Mladic-Prozess legt Srebrenica-Beweise vor

Von WZ-Korrespondentin Marijana Miljkovic

Politik

Serbischer Ex-Kommandant verzögert Prozess mit Spitalsaufenthalt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Belgrad. "Störendes Verhalten" warf das Haager Gericht für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic vor und verordnete vor etwa einem halben Jahr eine Videoüberwachung, wenn er im Gerichtsraum erschien. Am Montag erschien er überhaupt nicht, er ließ sich ins Gefängnisspital einliefern und unterzog sich dort einem "kleinen operativen Eingriff", wie es in serbischen Medien hieß. Das ist wohl auch Teil des "störenden Verhaltens", denn Mladic hätte nach dem Eingriff ohne weiteres an seinem Prozess teilnehmen könne, in dem die Anklage ihre Beweise für das Massaker in Srebrenica vorlegen sollte. Es ist nicht der erste Spitalsaufenthalt, der den Prozess verzögerte.

Der 71-jährige Mladic ist wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Krieges zwischen 1992 und 1995 angeklagt. Das Gericht will seine Schuld an der 44-monatigen Belagerung und Beschuss von Sarajevo sowie am Massaker von Srebrenica in Bosnien beweisen, bei dem im Juli 1995 etwa 8000 Männer und Buben ermordet wurden. Die Anklage legt Mladic zur Last, als Teil eines gemeinsamen verbrecherischen Unternehmens an der Vertreibung von bosnischen Muslimen und Kroaten aus dem serbischen Teil Bosniens beteiligt gewesen zu sein. Die erste Anklageschrift wurde bereits 1995 verfasst.

Serbien schützte den Ex-Kommandanten der serbisch-bosnischen Armee jahrelang vor strafrechtlicher Verfolgung und Auslieferung an das Haager Kriegsverbrechertribunal. Doch die EU war unnachgiebig, als es um die Integration Serbiens in die Union ernst wurde: Mladic wurde im Mai 2011 nach 14 Jahren Flucht in Serbien gefasst und ausgeliefert. Sein Versteck war nur zum Schluss ein desolates Dorfhaus im Örtchen Lazarevo. Unter dem Autokraten Slobodan Milosevic genoss er einen komfortablen Lebensstandard und bewegte sich frei in Belgrad und Umgebung, auch nach 1997, als die Suche nach Kriegsverbrechern ernsthaft begonnen wurde und Mladic aus Bosnien nach Serbien flüchtete. Doch nach dem Sturz Milosevics und dessen Auslieferung an Haag änderte sich seine Lage.

Der Guardian, der den Fluchtweg Mladics nachkonstruierte, berichtete von Wachpersonal und sogar Köchen, die den Ex-Kommandanten in seinen Verstecken, teilweise Kasernen mit Pool und Jagdgründen, begleiteten. Er legte Wert auf Körper- und Zahnhygiene, um Arztbesuche auszuschließen. Doch mit der Änderung des Regimes in Belgrad änderte sich auch die Entourage und Mladics Verhalten, der sich zunehmenden isolierte, bis er zum Schluss keinem mehr traute.