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Ankündigung eines Ernstfalls

Politik

Prognosen zur Omikron-Variante sind schwierig, aber ein extremer Anstieg der Fallzahlen ist sehr wahrscheinlich.


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Omikron ist in Österreich angekommen. 59 Fälle der neuen Variante sind bekannt, ein Gutteil davon in Wien und Umgebung. Nun, da das Land schrittweise aus dem Lockdown kommt, wird sich diese Zahl rasch nach oben bewegen. Davon geht das Gesundheitsministerium aus. In Großbritannien, Dänemark und Norwegen verdoppeln sich die Omikron-Fälle derzeit alle zwei bis drei Tage. In Dänemark waren es am Montag 3.437 Fälle, eine Woche davor noch lediglich 261.

Erwartet wird, dass die Fallzahlen in Österreich, die sich im Lockdown deutlich nach unten bewegten, noch in diesem Jahr ansteigen werden und es im Jänner dann zu einer rasanten Dynamik kommen wird, ähnlich jener in Dänemark und England. "Wir wissen vieles, aber noch nicht genug", sagt Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) über die neue Variante. Fast täglich liefert die Wissenschaft neue Erkenntnisse, teilweise sind diese aber noch nicht belastbar. Das heißt, die Datenlage reicht für eine endgültige Bewertung nicht aus. Das betrifft zum Beispiel die Frage, ob diese neue Variante womöglich leichtere Erkrankungsverläufe hervorruft.

In Dänemark sind immerhin 28 Personen mit einer Omikron-Infektion im Spital. Zur Erinnerung: Vor einer Woche waren nur 261 Fälle registriert, und in der Regel dauert es mindestens eine Woche, bis ein Patient in ein Spital aufgenommen werden muss. Andererseits sind bei diesen 28 hospitalisierten Patienten auch jene inkludiert, bei denen die Corona-Infektion nicht ursächlich für den Krankenhausaufenthalt ist. Nicht ausgewiesen ist, wie viele dies sind. In Österreich fehlen derartige Daten völlig.

Infektionsschutz mit dritter Impfung akzeptabel

Ebenfalls noch nicht sehr belastbar ist die grundsätzlich gute Nachricht aus Großbritannien, wonach eine dritte Impfung auch weiterhin einen zwar reduzierten, aber doch guten Schutz vor symptomatischen Infektionen bietet, wie Andreas Bergthaler von der Akademie der Wissenschaften berichtet. Während nach zwei Impfungen der Antikörper-Schutz weitgehend umgangen wird, bleibe er nach einer dritten Impfung zwischen 70 bis 75 Prozent. Da Österreich ein Land mit hoher Booster-Rate ist, sogar auf Platz zwei in Europa liegt, könnte das günstig wirken. Auf Platz eins mit den meisten Auffrischungen pro Kopf liegt aber Großbritannien, wo sich das neue Virus in Rekordgeschwindigkeit verbreitet.

Laut Bergthaler deuten die Daten aus England darauf hin, dass die neue Variante dreimal so infektiös sein könnte wie das bereits sehr ansteckende Delta-Virus. "Daraus nähren sich auch unsere Sorgen", sagt der Forscher. Im günstigen Fall bietet die Impfung zwar weiterhin einen guten individuellen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen, gesamtgesellschaftlich könnte dies aber dennoch nicht ausreichen, um das Spitalssystem stabil zu halten. Einfach durch die schiere Zahl der Infektionen binnen kurzer Zeit.

Mückstein hält an Impfpflicht fest

Das wirft auch Fragen hinsichtlich der geplanten Impfpflicht auf. "Die Impfpflicht ist nicht obsolet, im Gegenteil", sagt Mückstein. Nach wie vor sei eine hohe Impfrate extrem wichtig. "Wir werden uns aber die Einmeldungen der Begutachtung ansehen, Anpassungen sind möglich", ergänzt er.

Der Entwurf zur Impfpflicht wurde noch vor Aufkommen der Omikron-Variante begonnen. Eine ihrer argumentativen Säulen ist der Übertragungsschutz. Zwar hat auch Delta diesen teilweise umgangen, Geimpfte trugen aber nachweislich viel weniger zum Infektionsgeschehen bei als Ungeimpfte. Und im Entwurf zur Impfpflicht ist auch die Notwendigkeit der Auffrischung, die den Infektionsschutz gegen Delta dann wieder deutlich nach oben schraubt, enthalten.

Die Neos waren wie auch die SPÖ in die Erarbeitung eingebunden, "die Meinungsbildung ist aber noch nicht abgeschlossen", sagt Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Umso mehr durch die neue Variante. "Für einen solchen Grundrechtseingriff liegen zu Omikron noch nicht ausreichend Daten vor", sagt er. Die Begutachtung läuft bis 10. Jänner, die Datenlage sollte dann bereits viel besser sein. Loacker sagt aber auch: "Die Frage des Infektionsschutzes ist für die Zulässigkeit dieses Eingriffs relevant." (sir)