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Anleihentausch lässt Athen bis zuletzt zittern

Von Hermann Sileitsch

Politik

Ab 21 Uhr beginnt das Rechnen, ob die Beteiligung am Schuldenschnitt reicht.


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Athen. Es wird eine Zitterpartie bis zur letzten Minute. Heute, Donnerstag, um 21 Uhr wird das "Buch der Willigen" geschlossen: Dort müssen sich Griechenlands private Gläubiger eintragen, die am freiwilligen Anleihentausch teilnehmen. Sie verzichten damit auf 53,5 Prozent des Nennwertes ihrer Anleihen und akzeptieren niedrigere Zinsen - insgesamt eine Einbuße von 74 Prozent.

Ob der Poker der Regierung in Athen tatsächlich aufgeht, hängt jedoch an einer komplizierten Beteiligungsquote. Von den Staatsanleihen im Wert von 206 Milliarden Euro, die für den Anleihentausch in Frage kommen, wurden 177 Milliarden nach griechischem Recht ausgegeben. Mindestens die Hälfte der Besitzer muss sich melden - davon müssen 66 Prozent dem Schuldenschnitt zustimmen. Dann kann der Deal mit Umschuldungsklauseln allen tauschunwilligen Gläubigern aufgezwungen werden.

Wird diese Zustimmung jedoch verfehlt und fällt die Gesamtbeteiligungsquote unter 75 Prozent, wird es kritisch: Dann steht als Drohung im Raum, dass der Deal platzt und Griechenland in eine ungeordnete Staatspleite schlittert. Für die Investoren würde das noch größere Ausfälle bedeuten - durch Dominoeffekte könnte sich die Krise für die ganze Eurozone erneut drastisch verschlimmern.

Freiwillig oder mit Zwang: Insgesamt muss Athen eine Beteiligung von mehr als 90 Prozent erreichen. Nur dann wird der Schuldenberg nämlich um die einkalkulierten 107 Milliarden Euro reduziert - und das 130-Milliarden-Hilfspaket von EU und Währungsfonds (IWF) freigegeben. Das könnte bei einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister am Freitagabend oder einem Treffen am Montag in Brüssel geschehen.

EU-Währungskommissar Olli Rehn ist zuversichtlich: "Nach unseren Informationen dürfte der Schuldenschnitt reibungslos verlaufen", sagte er zu "Le Figaro". Kurz vor Fristablauf war noch ungewiss, ob die nötigen Mehrheiten erreicht werden. Am Mittwoch gaben 30 große Banken und Fonds via Weltbankenverband bekannt, dass sie den Austausch akzeptieren. Sie repräsentieren 81 Milliarden Euro oder 39,3 Prozent der 206 Milliarden Euro griechischen Schulden in privater Hand.

Noch einmal komplizierter wird die Sache durch jene 29 Milliarden Euro an Anleihen, die nach britischem und Schweizer Recht ausgegeben wurden. Ihre Besitzer könnten nämlich auf eine vollständige Rückzahlung spekulieren. Das griechische Finanzministerium warnt jedoch: Abseits der Hilfsvereinbarung mit EU und IWF sei kein Geld für eine Auszahlung da. Für diese Anleihen läuft eine Frist bis 11. April.

Laut Experten ist vor allem die Teilnahme der Hedgefonds am Anleihentausch fraglich: Sie haben am wenigsten zu verlieren und könnten spekulieren, über den Rechtsweg mehr Geld zu erstreiten. Für jene, die griechische Anleihen und zugleich Kreditausfallversicherungen (CDS) gekauft haben, ist die Strategie besonders absurd: Sie müssen den Anleihentausch verweigern, aber die Umschuldungsklauseln befürworten. Nur so würden voraussichtlich ihre CDS-Verträge ausbezahlt.