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Annäherung an Europa unter Zweifeln

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

In Armenien, Aserbaidschan, Georgien wächst Sorge um Verhältnis zu Moskau.


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Brüssel. Ein verlockendes Angebot: Aus Sicht der EU ist es ein Handelsabkommen mit ihr allemal. Das sehen auch etliche der Länder so, denen ein solcher Vertrag in Aussicht gestellt wird. Einige haben allerdings ihre Bedenken. Deutlich zeigt sich das bei den Gesprächen im Rahmen der östlichen Partnerschaft, mit der die Union sechs Staaten näher an sich binden möchte - und gleichzeitig den Einfluss Russlands dort schmälern will.

Dabei hadert nicht nur die Ukraine mit Zweifeln. Auch andere ehemalige Sowjetrepubliken haben das Gefühl, dass ein Abkommen mit der EU ihnen vielleicht auf lange Sicht Vorteile bringt, der Schaden in den Beziehungen zu Moskau aber kurzfristig hohe Kosten nach sich zieht. Armenien hat aus diesen Überlegungen schon Konsequenzen gezogen. Erst vor kurzem kündigte es an, sich der Eurasischen Zollunion anzuschließen, die Russland gemeinsam mit Weißrussland und Kasachstan gebildet hat. Die Mitgliedschaft dort schließe aber einen Vertrag mit der EU aus, hieß es daraufhin einmal mehr aus Brüssel.

Doch die Warnungen aus Moskau konnten in Eriwan nicht ungehört bleiben. Zum einen ist Russland in Armenien militärisch präsent, nicht zuletzt wegen des Konflikts um das Gebiet Berg Karabach, das das benachbarte Aserbaidschan für sich beansprucht. Zum anderen ist die wirtschaftliche Abhängigkeit groß - und Moskau drohte, die Konten armenischer Gastarbeiter zu sperren, die mit ihren Überweisungen ihre Familien zu Hause unterstützen.

Für David Schahnazarjan ist die Entscheidung seines Landes dennoch "ein Unsinn". Der Direktor des Concord Centers für rechtliche und politische Studien in Eriwan übt heftige Kritik daran, dass die Regierung dem Druck des Kreml nachgegeben habe. "Wir haben nicht einmal eine gemeinsame Grenze mit Russland", betonte Schahnazarjan bei einer Diskussionsveranstaltung in Brüssel. "Die wirtschaftlichen Argumente, die für die Zollunion angegeben werden, sind russische Propaganda." Präsident Wladimir Putin wolle Armenien schlicht als "Teil des russischen Imperiums" haben.

Etwas gelassener wird dies in Aserbaidschan gesehen. Dort hat es nicht einmal eine offizielle Stellungnahme der Regierung zum Beschluss in Eriwan gegeben. Überrascht habe er aber nicht, erklärte Zaur Schirijew vom Zentrum für strategische Studien in Baku. Doch auch Aserbaidschan versucht, den Spagat zwischen guten Beziehungen zu Russland und einer Annäherung an die EU zu schaffen. Laut Schirijew wäre im besten Fall ein neutraler Status in der Zollunion mit einem Abkommen mit den Europäern vereinbar.

Dass sich die Staaten entscheiden müssen, findet George Mchedlischwili "nicht besonders klug" von der EU. Der derzeit am Chatham House in London tätige Wissenschafter ist der Meinung, dass beide Wege zu einem bestimmten Ausmaß parallel zueinander verlaufen könnten. Der Druck der EU könne jedoch dazu führen, dass die Skepsis gegenüber der Gemeinschaft wächst. In Mchedlischwilis Land, Georgien, sei dies bereits zu spüren.