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Annäherung mit Zwischentönen

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Wenn heute EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und EU-Ratspräsident Costas Simitis im Weißen Haus eintreffen, haben sie vor allem ein Ziel: Die europäisch-amerikanischen Beziehungen zu normalisieren. Doch die freundlichen Töne, die vor dem EU-USA-Gipfel von diesseits des Atlantik zu hören waren, wurden von US-Präsident George Bush nicht erwidert: Er drängte neuerlich auf die Zulassung von Gen-Mais.


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Erst vergangene Woche hatte EU-Handelskommissar Pascal Lamy die Amerikaner darauf aufmerksam gemacht, dass das Moratorium der EU für gentechnisch veränderte Organismen (GMO) im Begriff sei "aufzutauen" - Europa versucht sich mit einer Kennzeichnungspflicht für GMO aus der Affäre zu ziehen. Ungeachtet dessen waren in der Vorwoche Gespräche zwischen USA und EU zu diesem Thema gescheitert. Präsident Bush erneuerte am Montag bei der Eröffnung der Fachmesse BIO 2003, die in Washington übrigens unter reger österreichischer Beteiligung stattfindet, seine Vorwürfe gegen die Europäer wegen ihrer "unbegründeten, unwissenschaftlichen Ängste".

Die USA wollen den Fall nun von der Welthandelsorganisation WTO geregelt haben. Das ist nicht das erste Mal, dass ein Handelsstreit zwischen den beiden Blöcken vor der WTO landet. Diese hatte die USA wegen illegaler Steuerbegünstigungen verurteilt, anhängig ist auch ein Streit um Strafzölle auf Stahlimporte. Weitere wirtschaftliche Konfliktpunkte könnten bei dem Gipfel am Mittwoch gleichfalls angesprochen werden, etwa die von den Amerikanern heftig attackierten EU-Agrarsubventionen.

Gute ökonomische Beziehungen wären indessen für beide Seiten notwendig. Europa tätigt drei Viertel seiner Auslandsinvestitionen in den Vereinigten Staaten, diese wiederum lukrieren mehr als die Hälfte ihrer Übersee-Gewinne aus Europa. Vor diesem Hintergrund versuchen die Europäer nun nach den Konflikten rund um den Irak-Krieg eine Wiederannäherung auf dem politischen Sektor. Schon auf dem Gipfel von Thessaloniki hatte der griechische Außenminister Georgios Papandreou von der Notwendigkeit gesprochen, auf bestimmten Gebieten die Kräfte zur Lösung der Weltprobleme zu bündeln. Als Beispiele nannte er die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen, Terrorismus, Armut und Krankheit, namentlich Aids. Diese Themen dominieren auch das Treffen der hochrangigen Delegationen. Im Zeichen des Kampfes gegen den Terror wird ein Auslieferungsabkommen unterzeichnet. Durch ein gegenseitiges Rechtshilfeabkommen, das erste zur gemeinsamen Verbrechensbekämpfung, sollen Sicherheitskräfte beider Seiten Zugang zu verdächtigen Bankkonten erhalten.

Und auch auf internationalem Gebiet will man Annäherung demonstrieren: Nachdem sich die EU der US-Forderung nach schärferen Atomkontrollen im Iran anschloss, werden neben Afghanistan und dem Irak auch Iran und Nordkorea auf der Agenda stehen. Beobachter erwarten zu deren Atomprogrammen eine gemeinsame Erklärung.