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Iran ist seit langem der Dauerbrenner in der politischen Debatte in Tel Aviv und Jerusalem. Seit Jahren hört man alle paar Monate Säbelrasseln zwischen Israel und Iran. Immer wieder weisen die Israelis auf den Atomstreit rund um die umstrittene Urananreicherung des Gottesstaates hin und stellen die Möglichkeit eines vernichtenden Militärschlages angesichts einer laut Tel Aviv immer größer werdenden nuklearen Bedrohung durch die Perser in den Raum. | Neu ist die derzeitige bröckelnde Macht der Teheraner Führung nach dem umstrittenen Ausgang der Präsidentschaftswahlen im Iran. Niemand beobachtet die Ereignisse genauer als Israel. Auf den ersten Blick waren die Repressionen gegen die Opposition im Iran durch das Regime des alt-neuen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad nach der Wahl Mitte Juni Wasser auf die Mühlen Israels. Die Bilder von verprügelten und blutenden Demonstranten zeigten der Weltöffentlichkeit, wie Israel das iranische System seit langem wahrnimmt und beschreibt. Die kolportierte Manipulation des Wahlergebnisses und die Niederschlagung der Demonstranten sollten - so der deutliche Zeigefinger aus Tel Aviv - auch dafür sprechen, dass sich der Westen mehr und nicht weniger konsequent gegen den Golfstaat engagieren muss.
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Die Reaktion westlicher Staaten auf Ahmadinejads Entschlossenheit, an der Macht zu bleiben, deutet allerdings auf einen Zick-Zack-Kurs hin. Einerseits haben die G8-Staaten Gewalt gegen Demonstranten auf - für diplomatische Verhältnisse - scharfe Weise verurteilt. Europaweit iranische Botschafter einzubestellen und zu protestieren ist das eine; sämtlichen iranischen Diplomaten künftig keine Visa erteilen (beziehungsweise deren Visa-Anträge nicht bearbeiten) zu wollen, ist eine andere Sache. Wirklich einig ist man sich aber nicht, da wirtschaftliche Interessen die Sanktionsfreude dämpfen.
Genauso uneins ist die neue Führung in Washington, die ambivalente Signale nach Teheran sendet. US-Präsident Barack Obama versucht Teheran seit seinem Amtsantritt die Hand zu reichen. Er hat in der aktuellen Debatte - im Gegensatz zu seinem Vorgänger George W. Bush - mit deutlichen Worten Mutmaßungen über eine Rückendeckung der USA für einen israelischen Angriff auf den Iran zurückgewiesen. Er bevorzuge in der Iran-Frage den diplomatischen Weg, stellte er unmissverständlich klar und widersprach damit seinem Vize Joe Biden, der zuvor gesagt hatte, Israel könne in dieser Frage selbst entscheiden. Die USA hätten Israel "absolut kein grünes Licht" für einen derartigen Angriff gegeben, sagte Obama ausgerechnet bei seinem Antrittsbesuch in Moskau, um den Iran freundlich gesinnten Russen zu demonstrieren, dass der Schwenk Washingtons in der Iran-Frage ernst gemeint ist. Motto: Nur ja niemanden verärgern.
Mit der Aussage "Ob Irans Präsident Moussavi oder Ahmadinejad heißt, ändert nichts" wollte Obama zudem einen Frontalangriff auf die umstrittene iranische Führung vermeiden. Dafür, dass er die blutig niedergeschlagenen Demonstrationen dennoch sanft verurteilte, bekam er postwendend zwei Ohrfeigen aus Teheran: Der oberste religiöse Führer Ali Khamenei unterstrich, dass er in der US-Politik keinen "Change" sehe; und Ahmadinejad warnte Obama davor, sich wie sein Vorgänger Bush zu verhalten. Der ganze Westen wurde verteufelt, da er es gewagt hatte, Irans Urnengang in Frage zu stellen und die Behandlung der Opposition zu kritisieren.
Als klares Signal gegen die "Einmischung in inner-iranische Angelegenheiten" wurden eine französische Akademikerin sowie mehrere Mitarbeiter der britischen Botschaft (vorübergehend) verhaftet. All das ist kein gutes Omen für einen ertragreichen Iran-Dialog.
Die EU will ein noch klareres Zeichen setzen. Bei dem bis Freitag laufenden G8-Gipfel in LAquila steht der Iran daher wieder einmal im Mittelpunkt der Gespräche. Eine einheitliche Iran-Linie wird es wohl dennoch wieder nicht geben, da Moskau und Peking schon im Vorfeld klargestellt haben, dass sie einer harten Linie gegenüber Teheran nicht zustimmen werden.