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Annäherung zwischen Peking und Pjöngjang

Von WZ-Korrespondent Wu Gang

Politik

Erstmals unter Kim Jong-un besucht ein nordkoreanischer Gesandter Peking


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Peking. Dem Vernehmen nach wunderte sich Vizemarschall Choe Ryong-hae selbst, mit welcher Freundlichkeit er von offizieller Seite in Peking behandelt wurde. Lange drückte der nordkoreanische Sondergesandte seinem Gesprächspartner Liu Yunshan die Hand, und die Nummer 5 in der Hierarchie der Kommunistischen Partei Chinas versuchte, sich dabei sogar ein Lächeln abzuringen.

"Peking erwartet, dass alle involvierten Parteien am Ziel einer Halbinsel ohne Atomwaffen festhalten, um den Frieden und die Stabilität in der Region zu gewährleisten", gab er seinem Gast mit auf dem Weg, der daraufhin sagte, sein Land sei bereit, "den Rat Chinas zu akzeptieren" und Gespräche "mit den betreffenden Parteien" zu führen.

Dann ließ er sich von Liu Jieyi, dem Vize-Chef der internationalen Abteilung der KPC ein Entwicklungsareal für Wirtschaft und Technologie zeigen und freute sich über den "warmen Empfang", den die dortigen Arbeiter der nordkoreanischen Delegation bereiteten, wie chinesische Medien anmerkten.

Verhältnis angespannt seit Amtsantritt Kim Jong-uns

All das wäre angesichts der historischen Freundschaft zwischen Nordkorea und China nichts Ungewöhnliches - wenn nicht die Beziehungen seit dem dritten nordkoreanischen Atomtest im Februar deutlich angespannt wären. Mit dem Besuch von Choe Ryong-hae, der das politische Büro der nordkoreanischen Volksarmee leitet, haben die beiden Ländern nun erstmals seit der Machtübernahme von Kim Jong-un Ende 2011 wieder Gespräche auf höherer Ebene geführt. In diplomatischen Kreisen wird darüber spekuliert, dass der enge Verbündete von Kim einen handgeschriebenen Brief des Machthabers für Xi Jinping mitbringe. Der chinesische Präsident empfing den Gesandten persönlich, dass er allerdings restlos zufrieden war, gilt jedoch aus mehreren Gründen als unwahrscheinlich.

Zum einen ist Pjöngjang bis jetzt nicht auf eine Kernforderung Pekings eingegangen, nämlich die Sechs-Parteien-Gespräche wieder aufzunehmen und das Atomprogramm zu stoppen. Neben öffentlicher Kritik setzte es zuletzt auch wirtschaftliche Sanktionen, als die Bank of China ihre Zusammenarbeit mit der nordkoreanischen Außenhandelsbank einstellte und somit eine wichtige Geldzufuhr nach Nordkorea abschnitt. Auf der anderen Seite haben sich seit dem Amtsantritt von Präsidentin Park Geun-hye die Beziehungen zwischen Südkorea und China signifikant verbessert. Xi Jinping sieht in Südkorea einen wichtigen strategischen Partner, während Park auf eine aktivere Rolle Pekings bei der Lösung der Probleme auf der Halbinsel hofft und Ende Juni einen Staatsbesuch plant.

China wird beweglicher im UN-Sicherheitsrat

Dazu kommt das wechselhafte Verhältnis Chinas zu den USA. Nachdem Nordkorea Mitte Dezember eine Interkontinentalrakete testete, blockierte China im UN-Sicherheitsrat noch weitgehend die US-Forderungen nach verschärften Sanktionen. Doch nach dem dritten Atomtest zeigte sich Peking zunehmend beweglich, was den beiden Großmächten mehr Raum für Kooperation gab. Mit Spannung wird daher das Treffen zwischen Xi Jinping und US-Präsident Barack Obama Anfang Juni erwartet, bei dem neben bilateralen Problemen auch Nordkorea auf der Tagesordnung stehen wird.

Der Zeitpunkt für den Besuch des nordkoreanischen Gesandten scheint daher bewusst gewählt. Um für eine günstigere Stimmung zu sorgen, wurden als "Gastgeschenk" 16 chinesische Fischer freigelassen, die vom nordkoreanischen Militär verschleppt worden sein sollen - wenn auch erst nach massivem öffentlichen Druck. So schrieb das chinesische Parteiorgan "Global Times", dass die Kidnapper 76.000 Euro Lösegeld verlangt hätten und dass es ähnliche Übergriffe bereits häufig gegeben hätte.

In Zukunft, so versicherte Choe Ryong-hae, wolle Nordkorea jedoch "ein friedliches äußeres Umfeld schaffen", da sich das Land auf seinen wirtschaftlichen Aufbau konzentrieren wolle. Den friedfertigen Beteuerungen des Gesandten aus Pjöngjang widerspricht jedoch die Bestellung des früheren Verteidigungsministers Kim Kyok-sik zum neuen Generalstabschef der Streitkräfte. Er gilt als Hardliner und soll hinter dem Beschuss einer zu Südkorea gehörenden grenznahen Insel im November 2010 durch Nordkoreas Küstenartillerie stehen.