Sport ist wichtiger Faktor für den Zusammenhalt. | Gute Beziehungen zum deutschen Sprachraum. | Wien. Um an Sportwettkämpfen teilzunehmen, die Ankunft des Frühlings und die Gemeinschaft zu feiern, kamen am Wochenende auf der Donauinsel Mitglieder der mongolischen Community und Interessierte zusammen. Sie begingen das "Fest der Sonne", das die mongolische Studentenorganisation in Anlehnung an Sport- und Frühlingsfeste in der Mongolei seit 2007 organisiert. Mongolische Atmosphäre und typische Speisen in Freiluft-Pavillons gab es dabei zu genießen.
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Die traditionellen mongolischen Sportarten Ringen, Reiten und Bogenschießen konnte man auf der Donauinsel nicht umsetzen. Die Organisatoren wichen auf Basketball, Tischtennis und Schach aus. Wegen organisatorischer Schwierigkeiten wurde auch die mongolische Jurte, das Ger, nicht aufgebaut, bedauert Franz Greif, der Vorsitzende der Österreichisch-Mongolischen Gesellschaft Otschir.
Sport ist für Mongolen sehr wichtig. Selbst der Staatsfeiertag wird als Sportfest begangen. In Österreich leben etwa 2000 Mongolen, die meisten in Wien und Linz, unter ihnen sind Angestellte, Diplomaten, Asylwerbende und etwa 250 Studenten. "Die Beziehungen zwischen der Mongolei und deutschsprachigen Ländern sind dank intensiver Kooperation mit der ehemaligen DDR sehr stark", so Greif. Mit Österreich gibt es zudem ein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Zertifikaten, was die Arbeits- und Studienmigration fördert.
Kein Kulturschock
"Während für andere Migranten eher englisch- oder französischsprachige Länder attraktiv sind, sprechen in der Mongolei fünf Prozent der gebildeten Bevölkerung Deutsch. Somit sind auch deutschsprachige Länder Ziel der Migration", so Michael Eisenriegler, Vizepräsident von Otschir. Der Kulturschock hält sich in Grenzen, denn "migrieren können primär Stadtbewohner oder besserverdienende Familien. Nomaden werden ihren Besitz nicht aufgeben. Zwischen Ulaanbaatar und anderen Großstädten auf der Welt gibt es nicht so große Unterschiede, vom fehlenden Hammelfleisch und Wodka mal abgesehen", meint Sergelen Bayasgalan, ein Vorstandsmitglied von Otschir.
"Außerdem befürworten die zwei wichtigsten Grundlagen der mongolischen Kultur, der Buddhismus und das Nomadentum, Anpassungsfähigkeit und Flexibilität", erklärt der Student. Ein Sprichwort besagt: "Wessen Wasser du trinkst, dessen Regeln befolgst du."
Die Community in Österreich schrumpft seit dem Spitzenwert von 5000 Mongolen im Jahr 2007. "Nach Ende des Kalten Krieges war die Situation in der Mongolei sehr schwierig, viele kamen zum Studium oder Arbeiten nach Europa. Mit dem Einstieg der Mongolei in das Bergwerksgeschäft beginnt die Wirtschaft zu boomen", so Eisenriegler. "Zudem wird Österreich als Einreiseland aufgrund der rigiden Gesetzeslage immer unattraktiver", ergänzt Bayasgalan. "Ausländische Absolventen haben es besonders schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Ich werde es versuchen. Wenn es nicht klappt, muss ich in der Mongolei arbeiten", berichtet Batsaikhan, der in Wien Architektur studiert.
Mongolisch unbeliebt
"Die mongolische Community in Wien ist zwar klein, aber sehr aktiv und gemeinschaftlich", betont Bajar Dawchar. Der promovierte Biologe hat vor seinem Aufenthalt in Wien in Leipzig studiert. "Wien gefällt mir viel besser, die Lebensqualität ist unglaublich gut." Er hofft, dass sich "die Generationen nicht aus den Augen verlieren": "Mongolisch als Muttersprache lernen die hier geborenen Kinder ungern, da sie keinen Nutzen darin sehen. Meist sprechen die Eltern auch Deutsch. Andere Bestandteile der mongolischen Kultur, wie Lieder und Geschichten, sind ebenfalls schwer weiterzugeben, wenn es nicht in der Gemeinschaft gelebt wird", erklärt Dawchar. "Ich sage von meinen Kindern immer, ich habe drei Österreicher zuhause. Es wäre schön, wenn sie auch ein bisschen von der Kultur ihrer Vorfahren wissen. Blanken Patriotismus finde ich übertrieben. Man muss einen Mittelweg finden."
Otschir hat es sich zur Aufgabe gemacht, gemeinschaftliche Aktivitäten für hier lebende Mongolen und interessierte Österreicher zu veranstalten, um Kontakte zu fördern. Dazu gehören Tanzkurse. Dawchar etwa organisierte einen Walzerkurs für Mongolen. "Wir genießen diese Musik, und so können wir sie besser würdigen", kommentiert er. Oft ist das Einzugsgebiet für Veranstaltungen sehr groß: Zum "Fest der Sonne" kommen Sportgruppen aus ganz Europa. Auch Austauschprojekte zwischen österreichischen und mongolischen Schülern unterstützt die Gesellschaft.
Ein großes Charity-Event steht im Juli bevor: die mehrwöchige "Mongol Rallye". Es gibt sie seit 2003. Sie soll Geldmittel für die mongolische Entwicklung lukrieren. Die Teilnehmer fahren auf einer selbst gewählten Route von Prag bis Ulaanbaatar, wo sie ihr Fahrzeug gemeinsam mit den eingenommenen Spenden an karitative Gesellschaften übergeben. Heuer haben sich bereits 440 Teams angemeldet.