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Anpassung und Zivilcourage

Von Heiner Boberski

Politik

Für Brigitte Bailer-Galanda, Leiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW), war die NS-Zeit eine Feuerprobe für religiöse Gruppen. Der vor einem Jahr, am 13. März 2004, verstorbene Kardinal Franz König prägte | einen neuen Kurs der katholischen Kirche.


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"Die Kommunisten hatten in der NS-Zeit quantitativ die meisten Opfer", das steht für Bailer fest. Im religiösen Bereich waren es vor allem die Zeugen Jehovas, die lieber KZ und Tod auf sich nahmen, als dem Regime zu dienen. Die Evangelische Kirche betrieb, so die Zeithistorikerin, "zu einem hohen Grad Anpassung". Den katholischen Bereich müsse man differenziert sehen. "Seitens der Amtskirche gab es wenig Widerstand", erklärt Bailer. Zwar habe Kardinal Innitzer durch die Gründung einer Stelle für nichtarische Christen den Juden zu helfen versucht, aber zu echt oppositionellem Verhalten tendierten vor allem einfache Priester, Ordensleute und Laien, "die das Christentum beim Wort genommen haben".

Mit ihrem weltanschaulichen Totalitätsanspruch schalteten die Nationalsozialisten auch alle christlichen Vereine gleich. Außer Seelsorge war den Kirchen alles verboten, also traf man sich zu "Betrachtungen", etwa im Bereich der Jugendseelsorge. Auch Österreichs große Zeithistorikerin Erika Weinzierl gehörte damals einer katholischen Jugendgruppe im Untergrund an. Widersetzliche Predigten und Reden waren riskant. Bailer weiß, dass in ihrem Heimatort ein Priester deshalb von denunziert und daraufhin verhaftet wurde. Nach seiner Rückkehr amtierte er als geachteter Pfarrer bis an sein Lebensende im Dorf. Slowenische Geistliche standen automatisch im Verdacht, mit dem slowenischen Nationalismus zu kooperieren.

Herausragende katholische Persönlichkeiten, die wegen ihrer Zivilcourage hingerichtet wurden, waren in den Augen Bailers die Ordensfrau Restituta Kafka und der Laie Franz Jägerstätter. Der Klosterneuburger Augustiner-Chorherr Roman Scholz bezahlte sein Engagement im Widerstand mit dem Leben. Weniger bekannt ist eine Salzburger Ordensfrau, die sich heftig dem Abtransport behinderter Kinder widersetzte.

Welchen Wandel sieht Bailer in der katholischen Kirche nach 1945? "Sie hat, spätestens unter Kardinal Franz König, jedem politischen Katholizismus abgeschworen." Ohne ihre Position zu verleugnen, lehne sie radikale Maßnahmen ab. Als Beispiel aus jüngster Zeit nennt Bailer, dass sich die Kirche in Salzburg von "rabiaten Abtreibungsgegnern" distanzierte.

War die Kirche früher auch von Antijudaismus infiziert, so habe schon in der NS-Zeit bei vielen ein Umdenken eingesetzt. Der Wiener Pfarrer Alexander Poch stellte damals falsche Taufscheine aus, um Juden zu retten. Ganz deutlich wurde die neue Haltung, so Bailer-Galanda, als der Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher in seiner Diözese den antisemitischen Anderl-von-Rinn-Kult stoppte.