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Anrainerparkplätze für alle

Von Alexander Maurer

Politik
Zwischen 8 und 16 Uhr werden Anrainerparkplätze künftig für alle Autofahrer benutzbar sein.
© Wiener Zeitung/Valerie Mayr-Birklbauer

Vereinbarung zwischen Verkehrsamt und Wirtschaftskammer weicht einen Grundgedanken des Parkpickerls auf.


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Wien. "Und nun zu einer Neuerung, die mir ebenfalls sehr am Herzen liegt." Als die grüne Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou diese Worte ausspricht, scheint sie für einen Moment zu stocken. Es mag Zufall sein, aber immerhin ist sie Montagvormittag in der Bel Etage des Café Landtmann dabei, eine Änderung beim von ihr initiierten Parkpickerl zu verkünden, die das Konzept ein ganzes Stück weit aufweicht.

Gemeinsam mit der Wirtschaftskammer hat das Verkehrsressort, dem sie vorsteht, Parkerleichterungen für Unternehmen in Wien beschlossen. Ein Punkt, der jedoch alle Autobesitzer in der Hauptstadt betrifft, ist die Lockerung der Anrainerparkplätze. Bisher standen diese ausschließlich Bezirksbewohnern mit einem gültigen Parkpickerl zur Verfügung und das rund um die Uhr. "Diesen Weg sind wir vor einigen Jahren gegangen, weil wir vor allem innerhalb des Gürtels mit einer sehr prekären Parkraumsituation konfrontiert waren", erinnert Vassilakou. Sie habe aber im Laufe der Zeit eine Veilzahl an Klagen und Beschwerden von verschiedenen Stellen erhalten. Die Regelung wurde daher "im verfassungskonformen" Rahmen überarbeitet. Künftig werden die Anrainerparkplätze zwischen 8 und 16 Uhr für alle Fahrzeugnutzer geöffnet sein. Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck zeigt sich darüber sehr erfreut. "Die Parkplatzsituation ist auch für Unternehmen essenziell", meint er. Nun können Anrainerparkplätze, die in der Regel unter tags leer gestanden sind, unter anderem von Zulieferern benutzt werden, führt er weiter aus.

Wer sein Auto nutzt, um in die Arbeit zu fahren, wird von der Neuregelung entweder wenig merken oder davon profitieren, da auch für Berufstätige Parkplätze frei werden. Natürlich kann es aber auch passieren, dass beispielsweise der eigene Parkplatz besetzt ist, wenn man untertags kurz einkaufen fährt. Die Vizebürgermeisterin kündigt aber gleichzeitig stärkere Kontrollen der Parkpickerlzonen an.

Viele Sparten der Wirtschaftskammer zeigen sich über die Einigung erfreut, von Handel über Transport bis hin zu Tourismus und Handwerk. Die Regelung soll noch dieses Jahr umgesetzt werden. Einen genauen Termin kann die Vizebürgermeisterin nicht bekanntgeben, da Aufwendungen wie das Anbringen neuer Parkschilder Sache der Bezirke sei. Inkrafttreten soll sie aber jedenfalls rechtzeitig zur Einführung des Parkpickerls in Favoriten im September. Die Bezirke hätten auch vielfach diese Änderungen gefordert, heißt es einhellig von Vassilakou und Ruck.

Innere Stadt legt sich quer

Ein Wunsch der Inneren Stadt scheint es jedoch nicht gewesen zu sein. Deren Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) ärgert sich, dass über die Interessen der Innenstädter "drübergefahren" werde. Der erste Bezirk habe den höchsten Parkplatzdruck Wiens und trage nun die "Hauptlast dieser Verschlechterung", so Figl in einer Presseaussendung. Er betont, dass die Neuregelung erst nach positivem Ergebnis einer Evaluierung der Anrainerparkplätze in der Inneren Stadt umgesetzt wird. Seitens der ÖVP-geführten Wirtschaftskammer erklärt man, dass es nicht immer bei allen Themen Einigkeit geben könne. "Ich bin auch nicht immer mit meiner Frau bei allem einig und wir leben trotzdem sehr gut zusammen", kommentiert Ruck die Kritik seines Parteikollegen scherzhaft mit einem Vergleich.

Weitere Eckpunkte der Vereinbarung sind unter anderem eine Vereinfachung der Dokumentationspflicht für die sogenannte Parkkarte, den Parkkleber für Unternehmensfahrzeuge. Dabei zieht Ruck ein Beispiel für den geringeren zukünftigen Verwaltungsaufwand heran, indem er die "Anträge alt und neu" für ein Unternehmen mit sechs Fahrzeugen nebeneinander hält. Was früher ein zigarettenschachteldicker Stapel Papier war, passt jetzt in einen dünnen Schnellhefter.

Auch können Anträge zukünftig online gestellt werden und Bewilligungen können nun für alle Kraftfahrzeuge erteilt werden, die für den Einsatzzweck geeignet sind. Außerdem ist die Bewilligung nur noch an das polizeiliche Kennzeichen gebunden. Unternehmer müssen Fahrzeugwechsel daher nicht mehr extra melden.

Dass der Wahlkampf fünf Monate vor den vorgezogenen Neuwahlen am 15. Oktober bereits in vollem Gange ist, zeigt sich unterdessen am Rande des Pressetermins. In Oppositionskreisen hieß es, dass Vassilakou beim Parkpickerl-Deal eingelenkt habe, damit die Wirtschaftskammer das umstrittene Bauprojekt am Heumarkt-Areal mitträgt.

Blaue Gerüchte um "Deals"

"Dass das durchgesickert ist, sagt auch einiges über die Harmonie innerhalb der Stadtkoalition aus", fügt der junge Vertreter des freiheitlichen Rathausclubs hinzu. Darauf angesprochen, reagiert die Vizebürgermeisterin erst mit einem überraschten Lachen. Dann erklärt sie, dass es bei der Einigung keinerlei Gegengeschäfte gab. "Aber dass Gerüchte gestreut werden, ist normal. Schließlich ist Wahlkampf", fügt sie an.

Walter Ruck betont, dass die Verhandlungen zur Parkpickerl-Reform bereits seit mehr als einem Jahr gelaufen sind. "Die Regelung mit den Anrainerparkplätzen hat in ihrer damaligen Form niemandem einen Vorteil gebracht", erklärt er. Mit der Unterstützung des Heumarktareals habe die Einigung nichts zu tun. "Es wäre doch absurd, würde die Wirtschaftskammer sicht nicht für Investorenschutz einsetzen", meint Ruck dazu. Ein Scheitern des Heumartk-Turms würde künftige Investoren von gemeinsamen Projekten mit der öffentlichen Hand abschrecken, heißt es überdies aus der Wirtschaftskammer.

Die offizielle Unterstützung der Wirtschaftskammer für den Wohnturm beim Eislaufverein erfolgte knapp einen Monat nach der Ablehnung des Projekts durch die grüne Basis, die Vizebürgermeisterin Vassilakou in die Bredouille brachte. Sollte es wirklich einen Deal gegeben haben, könnte dieser kaum als positive Werbung vor der Abstimmung gedient haben. Höchstens als symbolische Unterstützung in der Öffentlichkeit im Nachhinein. Denn auf die Unterstützung von Kammern oder Oppositionen sei die Stadtregierung nicht angewiesen, merkt Vassilakou noch an. "Rot und grün haben gemeinsam genug stimmen. Es bräuchte also auch keinerlei ,Deals‘".