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Ans Drehkreuz mit ihnen

Von Christina Böck

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Manchmal kann sich auch ein schnöder Wiener wie ein eleganter Venezianer fühlen. Wenn er etwa an einem Adventsamstag etwas auf der Kärntner Straße braucht. Denn da schieben sich die Touristen durch die Innenstadt, und sie gehen! so!! langsam!!! Dann nimmt man besser andere Schleichwege - und genau das will der Bürgermeister von Venedig nun "seinen" Touristen beibringen. Am besucherintensiven Wochenende um den 1. Mai wurden Drehkreuze eingesetzt, die Touristenströme von besonders frequentierten Straßen auf andere ablenken sollten. Die Idee traf auf Kritik - von überraschender Seite. Die Tourismusgegner, die einen Ausverkauf ihrer Stadt anprangern, sprachen von einer "lächerlichen Aktion" und betonten, Venedig sei kein Disneyland.

Nun kann man den Aktivisten vorwerfen, dass sie wenig konsequent sind. Als Tourist könnte man auch bekritteln, dass Venedig gut lebt von Touristen. Aufmerksamen Besuchern muss aber auch auffallen, dass die Touristenmassen und der Umgang damit die Stadt längst verändert haben. Und dass es gut ist, dass sich diese wehrhaften Menschen nicht verdrängen lassen. Die Ausdauer haben nicht viele, die Einwohnerzahl ist seit den 1950ern auf weniger als ein Drittel geschmolzen. Da sind Drehkreuze tatsächlich eine lächerliche Maßnahme. Besser wäre es, die Großkreuzschiffe, die Tausende für ein paar Stunden anliefern, früher als erst 2019 zu verbieten. Zumal diese vor allem einen Markt florieren lassen: den mit Venedig-Souvenirs made in China.