Zum Hauptinhalt springen

Ansturm auf Volksanwaltschaft durch Covid-19-Maßnahmen

Von Petra Tempfer

Politik

Gut ein Drittel aller Beschwerden ist grob geschätzt auf die Pandemie zurückzuführen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Um 32 Prozent mehr Beschwerden und um 46 Prozent mehr Prüfverfahren: Die Covid-19-Maßnahmen schlugen sich im Vorjahr ganz deutlich im Andrang auf die österreichische Volksanwaltschaft nieder. Bereits 2020 hatte es einen Anstieg der Beschwerden gegeben, damals allerdings nur einen leichten von rund 10 Prozent.

Der deutliche "Ausreißer" der Zahlen im Vorjahr mit 23.633 bearbeiteten Beschwerden und 8.684 Prüfverfahren hängt laut Volksanwalt Bernhard Achitz "in jedem Fall mit Covid-19 zusammen". Gut ein Drittel der Beschwerden sei grob geschätzt auf die Pandemie zurückzuführen, sagte er am Mittwoch am Rande der Präsentation des Jahresberichts zur "Wiener Zeitung". Eine konkrete Zahl zu nennen, sei schwierig, weil sich die Covid-19-Maßnahmen durch viele Bereiche ziehen. Achitz ist für Soziales, Pflege und Gesundheit zuständig und somit für Themen, die freilich die meisten dieser Beschwerden betreffen. Prominent sind hier jene zum Impfnachweis im Grünen Pass. Konkret wurde vor allem Risikopatientinnen und -patienten empfohlen, die dritte Covid-19-Impfung vor Ablauf der zum damaligen Zeitpunkt geltenden 120-Tage-Frist zu erhalten. Das Nationale Impfgremium selbst sprach sich dafür aus.

Impfeintrag wurde verweigert

Das Problem dabei: Wurde die Mindestfrist unterschritten - mitunter um einen Tag -, wurde eine Eintragung der dritten Impfung als 3/3 im Impfzertifikat laut Achitz verweigert. Die Betroffenen, insgesamt rund 17.500, erhielten stattdessen ein Zertifikat mit 2/2 Impfungen. Das habe das Gesundheitsministerium nach Urgenz der Volksanwaltschaft "behoben", so Achitz: Als es den Mindestabstand zwischen zweiter und dritter Impfung ab 1. Februar 2022 auf 90 Tage reduzierte, erhielten die Betroffenen ein neues Impfzertifikat - mit dem Eintrag 3/3.

Auch Absonderungsbescheide aufgrund einer Covid-19-Erkrankung wurden mitunter zu spät oder gar nicht zugestellt, oder der Zeitraum auf dem Bescheid stimmte nicht mit dem tatsächlichen überein. Der Bescheid ist aber nicht nur als Nachweis für den Arbeitgeber, sondern auch zur Geltendmachung des Verdienstentgangs für das Unternehmen essenziell.

Eine besonders einschneidende Schutzmaßnahme gegen eine Erkrankung mit Covid-19 waren Schulschließungen und Fernunterricht. Ein Lehrer einer HTL in Wien kaufte aus eigenen Mitteln ein Grafiktablet, "um zumindest eine Annäherung an den Präsenzunterricht zu schaffen", ist im Bericht der Volksanwaltschaft zu lesen. Die Kosten erhielt er jedoch nicht refundiert - und selbst das Bildungsministerium blieb der Volksanwaltschaft "eine konkrete Antwort schuldig", heißt es.

Warten auf die Familienbeihilfe

Eltern wiederum erhielten mitunter die Familienbeihilfe nicht zeitgerecht: Ab Sommer 2021 gingen laut Volksanwaltschaft mehr als 160 Beschwerden von Familien bei dieser ein, "die bereits seit Monaten, teilweise bis zu einem halben Jahr, auf die Auszahlung der Familienbeihilfe warteten". Den Familien fehlten somit bis zu mehrere 100 Euro monatlich. Grund dafür war ein Rückstau in der Bearbeitung der Anträge bei den Finanzämtern, basierend auf der Pandemie. Denn die Familienbeihilfe wurde eine Zeit lang ohne Überprüfung der erforderlichen Unterlagen wie Leistungsnachweise weiterbezahlt. Diese Maßnahme war zunächst bis September 2020 befristet und wurde bis Ende März 2021 verlängert. Danach mussten die Finanzämter die Anspruchsüberprüfungen nachholen, und der Rückstau entstand.

Volksanwalt Werner Amon berichtete über einen Zuwachs der Beschwerden zum Finanzministerium um 38 Prozent. Eine Fülle der Anliegen habe Unterstützungsleistungen in der Pandemie betroffen. Die Bearbeitungsdauer der Cofag (Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes) wurde zum Beispiel vielfach als zu lang empfunden. Die Volksanwaltschaft dürfe die Cofag aber nicht prüfen, so Amon.

Der Bericht und die Empfehlungen der Volksanwaltschaft, die vor 45 Jahren zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung eingerichtet wurde, werden nun laut dem derzeitigen Vorsitzenden Walter Rosenkranz an das Parlament übermittelt und im Ausschuss debattiert.