Die Alternative für Deutschland AfD streitet um die künftige Parteiführung, Vize Gauland lässt die Pegida-Gruppe um Lutz Bachmann fallen.
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Bremen/Wien. Mehr als 2100 Delegierte tummeln sich seit Freitagabend beim Parteitag der Alternative für Deutschland (AfD) in Bremen. So groß ist der Andrang für das dreitägige Event, dass die Euro-Gegner zusätzlich zu einem Hotel auch ein Musicaltheater anmieten mussten. Zu besprechen gibt es viel, die Anträge füllen 462 Seiten, alleine die Änderungen zur Tagesordnung umfassen 30 Seiten.
Im Kern geht es jedoch um nur eine Frage: Ist die AfD eine wirtschaftsliberale und gesellschaftlich konservative Partei oder driftet sie - noch stärker - in Richtung Nationalkonservativismus ab? Für das erste Modell steht der Wirtschaftsprofessor und Initiator der Gruppierung, Bernd Lucke, für das andere Frauke Petry, die Chefin des sächsischen Landesverbandes und Co-Parteioberste.
Aus drei mach eins
Seit Monaten ringen die beiden um die nun zu besprechende Satzungsänderung. Lucke möchte die Zahl der Parteivorsitzenden von drei auf eine Person verkleinern: ihn. Mittlerweile haben er und Petry sich geeinigt, dass beide übergangsweise den Posten innehaben; damit wird der derzeit dritte Vorsitzende, Konrad Adam, ausgebootet. Und im Laufe des Jahres, wenn die Programmdebatte abgeschlossen ist, soll die AfD nur noch von einem Vorsitzenden und einem Generalsekretär geführt werden. Lucke oder Petry: es kann nur einen Chef geben.
In den vergangenen Monaten schien Lucke im Abseits. Der Erfolg der AfD bei der Europawahl 2014, als man 7,1, Prozent erreichte, hatte für ihn einen Nachteil: Der 52-Jährige wurde Abgeordneter in Brüssel und Straßburg, ist also oft fernab der Basis. Auch sein Steckenpferd, die Wirtschaftspolitik, geriet aufgrund geopolitischer Krisen in Vergessenheit. Mit dem Wahlsieg von Syriza und den Diskussionen um einen Schuldenschnitt für Griechenland gewinnt Professor Lucke jedoch wieder an Gewicht.
An der Pegida-Bewegung streift Lucke nicht an, ganz im Gegensatz zu seiner Kontrahentin. Bereits im sächsischen Landtagswahlkampf fuhr Petry einen nationalpopulistischen Kurs, forderte unter anderem Volksabstimmungen beim Bau von Moscheen mit Minaretten. Auch traf sie die Organisatoren der Demonstrationen jener selbsternannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" und sprach von "Schnittmengen" zwischen AfD und Pegida.
Mittlerweile hat sich Pegida-Initator Lutz Bachmann mit ausländerfeindlichen Äußerungen disqualifiziert. Seine Vertraute Kathrin Oertel gründet eine alternative Bewegung. "Mit ihrem Austritt ist für mich das Thema Pegida erledigt", sagt Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland, der Petrys Kurs fährt. Die Distanzierung kommt vielleicht zu spät.