Bürger errichten steinerne Mauer um ihren Plattenbau. | Bürgermeister will Ordnung schaffen. | Bratislava/Presov. Nach dem Willen der neuen Mitte-Rechts-Koalition in der Slowakei sollen sich "Selbstverwaltungen und in der Roma-Frage betroffene Gemeinden" deutlich stärker als bisher engagieren, um die Angehörigen der zweitgrößten Minderheit im Lande in die Gesellschaft zu integrieren.
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Mit Michalovce und Presov machen derzeit gleich zwei Kommunen in der Ostslowakei Schlagzeilen wegen ihrer Vorstöße zum Umgang mit Roma, allerdings negative.
In Michalovce errichteten die Bewohner eines Plattenbaus vor kurzem eine zwei Meter hohe und 25 Meter lange Mauer rund um ihr Haus. Damit wollen sie vermeiden, dass die rund 1800 Einwohner einer mehrheitlich von Roma bewohnten Siedlung "weiterhin die Abkürzung über unseren Plattenbau nehmen und diesen dabei verschmutzen".
Sie sind nicht die Ersten, die hier zu derart drastischen Maßnahmen greifen. Seit dem Vorjahr gibt es schon eine Mauer, mit der Roma vom Rest der Bevölkerung getrennt werden. Auch in den ostslowakischen Gemeinden Secovce und Ostrovany wurden solche "Schutzwände" errichtet.
Für die "Anständigen"
Pavel Hagyari, der Oberbürgermeister von Presov, kündigt an, er werde in der Siedlung Stará Tehelna am Rande der Universitätsstadt "endlich Ordnung schaffen". Dort gibt es 176 Sozialwohnungen, in denen offiziell 1200, nach inoffiziellen Schätzungen 2000 Menschen leben. Die meisten davon sind Roma, die angeblich keine Miete zahlen. Geschäfte, Arztpraxen oder gar eine Busanbindung ins Zentrum sucht man vergebens.
Bis Ende des Jahres, also in engem zeitlichem Zusammenhang mit den Kommunalwahlen am 27. November, will Hagyari eine Polizeiwache ansiedeln. Außerdem spricht der Oberbürgermeister vom Bau einer "Vorrichtung", durch die Hab und Gut "anständiger Menschen" geschützt werden soll. Damit greift er einen Plan auf, mit dem die Stadt vor fünf Jahren auf eine Eingabe der alteingesessenen Anwohner von Stará Tehelna reagierte. "Anständige Bürger" sollten mit einer 400 Meter langen Mauer vor dem "asozialen Rest" geschützt werden. Wegen heftiger Proteste aus dem In- und Ausland wurde das Vorhaben jedoch nie in die Tat umgesetzt.
Der Direktor der slowakischen Zweigstelle des Europäischen Netzes gegen Rassismus und stellvertretende Vorsitzende der Roma-Initiative Slowakei Miroslav Lacko nennt das "Segregation in der Praxis". Zugleich droht er mit einer Strafanzeige gegen Kommunen, die "schlechte zwischenmenschliche Beziehungen und Eigentumsdelikte über Einschränkungen des Menschenrechts auf Freizügigkeit regeln wollen".