Vorbild für neue Regierungskoalition? | Porr dürfte Auftrag für Brücke behalten. | Belgrad. Erst am Sonntag feierten die proeuropäischen Kräfte bei den Parlaments- und Lokalwahlen in Serbien einen großen Erfolg. Doch die absolute Mehrheit verfehlten sie, und nun kam der erste große Dämpfer. So dürften die proeuropäischen Parteien die Hauptstadt Belgrad verlieren; denn in der 110 Sitze zählenden Stadtversammlung kommen sie nur auf 52 Sitze.
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Neuer Bürgermeister soll der Generalsekretär der nationalistischen Radikalen Partei, Aleksandar Vucic werden. Auf seine Wahl haben sich die Nationalisten, die Milosevic-Sozialisten und die Nationalkonservativen des amtierenden Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica grundsätzlich geeinigt. Gemeinsam haben sie 58 Sitze. Die Vertreter der neuen Mehrheit glauben, auch die Detailverhandlungen erfolgreich abzuschließen zu können. Für die proeuropäischen Kräfte wäre das ein herber Schlag. Denn der Kampf um Belgrad war nach der Parlamentswahl die zweitwichtigste Wahl in Serbien. Belgrad zählt zwei Millionen Einwohner, und damit ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Das Budget umfasst 900 Millionen Euro, das entspricht einem Achtel des Budgets der Republik Serbien.
Den Machtwechsel überstehen könnte der Bau einer Brücke im Wert von mehr als 100 Millionen Euro unter Führung der österreichischen Baugesellschaft Porr. Der Vertrag wurde knapp vor der Wahl gegen den Willen der Opposition unterzeichnet; Vucic erklärte gestern, sollten die Verträge wasserdicht sein, werde der Bau ausgeführt.
Vucic, erlangte in der Endphase der Ära Milosevic als serbischer Informationsminister traurige Berühmtheit. Auf seine Initiative hin kam es zu einem Mediengesetz, das kritische Medien mit extrem hohen Geldstrafen gefügig machen sollte. Vucic ist aber auch ein exzellenter Organisator und war der Manager aller großen Wahlkämpfe der Radikalen. Ihre Stärke in Belgrad hängt mit dem überdimensionierten Gemeindegebiet zusammen. Es ist acht Mal größer als Wien und umfasst zehn städtische und sieben ländliche Bezirke, die vom Zentrum etwa soweit entfernt sind wie Baden von Wien. Vor allem die ländlichen Bezirke sind das große Potenzial der Radikalen, die gemeinsam mit Nationalkonservativen und Milosevic-Sozialisten nun in 11 von 17 Bezirken eine Mehrheit haben. Möglich ist, dass diese Koalition das Vorspiel für eine derartige Koalition für Serbien ist; die Verhandlungen sollen weit fortgeschritten sein, abgeschlossen sind sie aber noch nicht.