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Antisemitischer Reggae abgesagt

Von Edwin Baumgartner

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Reggae ist mir egal. Was beim spanischen Reggae-Festival Rototom Sunsplash beinahe geschehen wäre, hat freilich nichts mit jamaikanischen Rhythmen zu tun, sondern mit Antisemitismus: Die Veranstalter des Rototom Sunsplash luden den jüdischen Musiker Matisyahu aus, weil er sich weigerte, eine Erklärung "gegen den Krieg und zugunsten des Rechts des palästinensischen Volks auf einen eigenen Staat" abzugeben.

Antisemitismus liegt vor, wenn man von Juden etwas verlangt, was man von anderen Menschen nicht verlangt. Im konkreten Fall wurde kein Muslim genötigt, eine Erklärung zugunsten der Christen in Saudi-Arabien abzugeben, kein Christ drangsaliert, er solle sich von den Verbrechen der Lord’s Resistance Army distanzieren, kein Atheist zu einem Bekenntnis genötigt, dass der einzige Aff’ im Menschenstammbaum Darwin selbst gewesen sei.

Die Festival-Veranstalter waren unter dem Druck der "Boycott, Divestment and Sanctions" (BDS)-Kampagne eingeknickt, die behauptet, sich gegen Israel zu richten, nicht aber gegen Juden. Bloß ist Matisyahu wohl Jude, aber kein Israeli: Er ist US-Amerikaner. Das zeigt das wahre Gesicht von BDS, das die Fratze des modernen Antisemitismus ist, der es sich in diversen scheinbar humanistischen Tarnungen in unserer heutigen Gesellschaft bequem macht. Alle Auschwitz-Gedenken sind sinnlos, wenn dieser Gedankenmüll durch Hintertüren zurückkehren kann.

Dass das Festival nun um Entschuldigung bittet und Matisyahu auftreten lässt, ist kein Sieg der Rechtschaffenheit, sondern die Wiedergewinnung der Normalität.