Kritik richtet sich vor allem an Zuständigkeit des Innenministeriums. Begutachtung endete am Montag.
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Am Montag endete die Begutachtungsfrist einer Novelle des Gesetzes über das Bundesamt zur Korruptionsprävention. Mehr als 20 Stellungnahmen sind dazu eingelangt. Der zentrale Inhalt des Entwurfs: Eine spezialisierte Beschwerdestelle für Polizeigewalt mit rund 35 Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Bereichen, an die sich bei Missbrauchsfällen gewendet werden kann, soll eingerichtet werden. Als Ziele werden eine interdisziplinäre Besetzung der Ermittlungsstelle, eine spezialisierte Ausbildung der dort beschäftigten Bediensteten und die Einrichtung eines unabhängigen Beirats der Beschwerdestelle definiert. So weit so gut.
Obwohl der aktuelle Gesetzesentwurf vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (Örak) grundsätzlich als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnet wird, sind sich die Institutionen in ihrer Kritik vor allem in einem Punkt einig: Die Organisationseinheit zur Ermittlung der Missbrauchsfälle sollte nicht dem Innenministerium obliegen, da "die Polizei (. . .) gegen sich selbst" ermitteln würde, so die Menschenrechtsvertretung Amnesty International. Um der befürchteten Befangenheit vorzubeugen, schlägt die Örak vor, die Stelle im Justiz- anstelle des Innenministeriums einzurichten.
Zudem bringt Amnesty die "Nicht-Feststellbarkeit der individuellen Schuld" ein. So haben Beamtinnen und Beamte in Österreich keine identifizierenden Nummern oder Namen auf ihren Uniformen.
In ihrer Stellungnahme geht Amnesty verstärkt auf die derzeitige Bearbeitungsdauer von Missbrauchsvorwürfen ein: Es würde in der Regel zu lange dauern, bis Beschwerden untersucht werden, zudem geschehe dies in Österreich "nicht ausreichend wirksam (. . .) wodurch das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung verletzt" würde.
Kaum Anklagen bei Missbrauchsvorwürfen
Die Notwendigkeit unabhängiger Untersuchungen sei außerdem in der Vergangenheit bereits mehrfach dargelegt worden, so Amnesty. Laut einer Studie des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (Ales) der Uni Wien für den Beobachtungszeitraum zwischen 2012 und 2015 kam es überdies in zehn Prozent der untersuchten Fälle zu Gegenanzeigen der Verleumdung. Anklagen und Verurteilungen von Polizeibeamten gab es kaum.
Eine zusätzliche Verzögerung der Bearbeitung könnte laut mehrerer Stellungnahmen durch die vorgeschriebenen Amtswege des neu zu errichtenden Beirats entstehen: Dieser muss laut Gesetzesentwurf die Zustimmung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts einholen, wenn sie Unterlagen aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren einsehen wollen. Außerdem seien diese nach Berichterstattung zu löschen. Dies erschwere die Arbeit des Beirats laut Örak unverhältnismäßig und würde außerdem die Überwachung von Fällen über mehrere Jahre unmöglich machen.
Der Rechnungshof wiederum fordert eine klarere Aufstellung der Personalkosten auf Grundlage früherer Erfahrungen. Keine Kritik kommt von den Ämtern der Landesregierungen, die an der Begutachtung teilnahmen.
Die Überprüfung der diversen Kritikpunkte könne laut dem grünen Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr noch einige Wochen in Anspruch nehmen, er sei aber grundsätzlich erfreut über die zahlreichen Stellungnahmen zum Entwurf, der unter Einbeziehung der Kritikpunkte so rasch wie möglich im Nationalrat vorgelegt werden soll. (hei)