Zum Hauptinhalt springen

"Apex Legends", Retter in der Not

Von Alexander U. Mathé

Wirtschaft

B-Game verschafft Electronic Arts Verschnaufpause im finanziellen Abwärtstrend.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Redwood City/Wien. "Apex Legends" ist das Videospiel der Stunde. Allein schon nach den ersten acht Tagen spielten 25 Millionen Menschen den Battle-Royale-Shooter. Damit überflügelte man sogar die Vergleichszahlen des direkten Konkurrenten und Sensationshits "Fortnite". Der hatte nach zwei Wochen gerade einmal 10 Millionen Spieler. Geht es so weiter, könnte "Apex Legends" sogar das Spiel des Jahres werden. Damit würde es Publisher Electronic Arts (EA) aus dem wirtschaftlichen Jammertal holen.

"Apex Legends" wurde in einer Nacht- und Nebelaktion ohne vorherige Ankündigung am Montag vergangener Woche veröffentlicht. Da lag die EA-Aktie noch bei 88,43 Dollar. Gleich danach ging der Kurs von EA (das sich im oberen Drittel des Nasdaq100 findet) zu einem steilen Höhenflug über. Selbst die Verkündung zwei Tage später, dass EA das gesetzte Quartalsziel nicht erreicht, sorgte nur für einen eintägigen Dämpfer. Danach ging es wieder steil bergauf. Am Donnerstag bei Redaktionsschluss lag der Kurs bei 105,26 Dollar.

Titanfall-Ableger

Dabei ist "Apex Legends" eigentlich aus einem Spiel zweiter Wahl entstanden. Es ist ein Ableger der "Titanfall"-Serie, die im Vergleich zu Premiumhits wie Fifa oder Battlefield weit abgeschlagen ist. Die modifizierte Version ist auf Battle Royale ausgelegt. Lange Zeit sah EA nur zu, wie andere Unternehmen in diesem Spielgenre Erfolge feierten. Dabei geht es - kurz gefasst - darum, gegen andere Mitspieler zu kämpfen, bis nur noch einer - oder ein Team - übrig bleibt. Das Spielfeld wird dabei konstant verkleinert, sodass letztlich eine Konfrontation auf engstem Raum erzwungen wird. Verstecken und statisches Spielen werden so weitgehend ausgeschlossen. Hinzu kommen Survival-Elemente: Der Spieler startet ohne Gegenstände ins Spiel. Waffen und sonstige Ausrüstung muss er erst in der Spielwelt finden., um sich damit für den Kampf zu rüsten.

Dieser Spielmodus ist derart beliebt, dass sogar Rollenspiele wie "Red Dead Redemption II" in ihren Multiplayer einen Battle-Royale-Modus integriert haben. Quer durch die Branche will jeder einen Teil des Kuchens bekommen. Doch das nachhaltig zu schaffen, ist nicht einfach. Ein negatives Beispiel ist Activisions "Call of Duty: Black Ops 4". Das Spiel beinhaltet einen Battle-Royale-Modus und konnte "Fortnite" Ende 2018 ganze acht Tage lang den Rang ablaufen. Dann jedoch brachen die Spielerzahlen völlig ein. So muss es auch EA erst schaffen, nach dem Senkrechtsart von "Apex Legends" die Spieler- und Umsatzzahlen konstant nach oben zu treiben und den hohen Erwartungen gerecht zu werden. Die neuesten Zahlen hat EA am Donnerstag nicht bekanntgeben wollen. Doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie weiter steigen. Denn bei EA - beziehungsweise dem Entwickler Respawn - hat man sich einiges überlegt, damit der Spielenthusiamus nicht abflacht.

Da wäre einmal die Tatsache, dass man das Spiel im Gegensatz zu "Call of Duty" gratis spielen kann. Geld wird über sogenannte Mikrotransaktionen eingespielt: Spieler können gegen Bezahlung etwa das Aussehen ihrer Figuren und Waffen ändern. - was aber nichts an deren Eigenschaften ändert. Außerdem hat Respawn Elemente aus vielen beliebten Spielen integriert, was es natürlich für deren Klientel interessant macht. Primär ist das "Fortnite" und dessen Battle-Royale-Modus - das Spiel, gegen das "Apex" in den Ring getreten ist. Hinzukommen Spezialfähigkeiten der Spielfiguren, wie sie der Online-Taktik-Shooter "Overwatch" bietet.

Das konstante Rückstoßsystem der einzelnen Waffen wiederum ist an den Taktik-Shooter "Counter Strike" angelehnt. Dafür hat eigenen Aussagen zufolge der ehemalige Counter-Strike-Profi und Streamer Michael "Shroud" Grzesiek gesorgt.

Und dies ist ein weiteres Atout von "Apex Legends" und EA. Denn die erfolgreichsten Streamer - also Spieler, die im Internet live vor der Kamera für ein großes Publikum spielen - zocken seit Tagen wie verrückt "Apex". Neben Shroud sind das beispielsweise Stars wie Richard Tyler Blevins alias "Ninja" oder Herschel "DrDisrespect" Beahm IV.

Streamer sind der Schlüssel

Bei ihren Übertragungen hatten sie teilweise Zuschauerzahlen jenseits der 100.000er-Grenze. Shroud beispielsweise wurde das schon unheimlich. Er forderte sein Publikum dazu auf, doch auch einmal bei anderen Streamern "Apex" zu schauen.

Die Streamer, die Millionen Fans haben, sind für "Apex Legends" Gold wert. Denn als Vorbild für ihre Zuschauer beeinflussen sie natürlich direkt, was diese spielen. Ninja beispielsweise spielte bisher vorzugsweise "Fortnite", Shroud wiederum "Counter Strike" und DrDisrespect von allem ein bisschen was.

Eines fehlt "Apex Legends" allerdings noch, und das ist ein wichtiger Faktor für Profispieler: Das Preisgeld bei Turnieren. Eigenen Angaben zufolge schüttet "Fortnite" in der laufenden Saison 100 Millionen Dollar dafür aus. Bei "Apex Legends" ist das erste Turnier bereits gelaufen, das mit 200.000 Dollar dotiert war: Da ist noch Luft nach oben. Die Preisgelder dürften jedenfalls steigen, wenn sich das Spiel in die richtige Richtung entwickelt. Auf dem richtigen Weg ist EA mit "Apex Legends" allemal.