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App-Boom in der EU

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
Bei den Spiele-Apps haben europäische Entwickler die Nase vorn. Bei der Candy Crush Saga des schwedischen Entwicklers King.com stehen bunte Süßigkeiten im Mittelpunkt.
© King.com

Fachausbildung hält jedoch nicht mit den rasanten Entwicklungen Schritt.


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Wien. Sie sind die Alleskönner der mobilen Kommunikation: Die Rede ist von jenen kleinen Programmen oder Softwareteilen für Mobilgeräte und soziale Plattformen, mit deren Hilfe man von der besten Verkehrsverbindung bis zum richtigen Partner (beinahe) alles finden kann - den sogenannten Apps.

"In der Europäischen Union hat sich der App-Sektor in weniger als fünf Jahren praktisch aus dem Stand zum digitalen Schwergewicht gemausert", so das Fazit der Studie "Sizing the EU APP Economy", die kürzlich von der EU-Kommission präsentiert wurde.

Derzeit sind im europäischen App-Sektor eine Million Software-Entwickler und rund 800.000 Mitarbeiter in Bereich Marketing und Support beschäftigt. Glaubt man den Studienautoren, könnte die App-Branche bis 2018 EU-weit rund fünf Millionen Arbeitsplätze schaffen. Dass diese hohen Erwartungen in den App-Jobmotor durchaus realistisch sind, illustriert die Studie unter anderem am Beispiel des Londoner App-Entwicklers Grapple Mobile. Das Unternehmen - vor drei Jahren noch ein Drei-Mann-Betrieb - beschäftigt derzeit 120 Mitarbeiter und plane seine Belegschaft im nächsten Jahr zu verdoppeln.

"Angesichts der steigenden Jugendarbeitslosigkeit geben mir diese Zahlen neue Hoffnung", zeigt sich auch Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, enthusiastisch. "Der App-Sektor ist ein Bereich der digitalen Wirtschaft, in dem Europa eindeutig führend sein kann."

Milliardengeschäfte

Wenn es ums Geldverdienen geht, befinden sich die europäischen App-Entwickler bereits jetzt auf Augenhöhe mit ihren US-Kollegen. Sie erwirtschaften auf den wichtigsten Märkten der EU und der USA, derzeit jeweils 42 Prozent der Einnahmen aus Apps.

Eindeutig die Nase vorn haben die Europäer derzeit bei den beliebten Spiele-Apps. So entwickeln 28 führende Unternehmen in der EU derzeit 40 Prozent der hundert umsatzstärksten Apps auf europäischen und US-amerikanischen Märkten. Drei der fünf Spitzenunternehmen sind nordeuropäische Spieleentwickler: Auf Platz eins ist King.com aus Schweden, gefolgt von den finnischen Unternehmen Supercell auf Platz zwei und Rovio auf Platz fünf. Aber auch deutsche, französische, spanische und britische App-Entwickler sind mittlerweile international erfolgreich. Dass Apps längst ein Milliardengeschäft sind, ist auch an folgenden Zahlen ablesbar: Laut Studie gaben Kunden und Werbetreibende in der EU im Vorjahr 6,1 Milliarden Euro für Apps aus. Das sind 30 Prozent der Ausgaben weltweit. Innerhalb von fünf Jahren könnten Konsum, Werbung und Drittverträge dem App-Sektor jährliche Umsätze in Höhe von 63 Milliarden Euro bescheren, hofft die EU-Kommission.

Stolpersteine

Doch neben all der Euphorie gibt es auch Probleme. Eine große Sorge der Entwickler ist der drohende Fachkräftemangel. So gab ein Drittel der Befragten an, dass die Fachausbildung nicht mit den rasanten Entwicklungen Schritt halte. Ein Viertel aller Befragten klagt schon jetzt über einen Mangel an Software-Entwicklern. Beunruhigend ist auch, dass nur neun Prozent der Entwickler Frauen sind. Weiteres Kopfzerbrechen bereitet den Europäern die Schwierigkeit, mit US-amerikanischen Gehältern zu konkurrieren.

Als weiterer Stolperstein, der den App-Boom nachhaltig gefährden könnte, wird die Zersplitterung der europäischen Netze gewertet. "Alle Apps und alle Mobilgeräte benötigen Breitbandnetze. Leider ist der Rahmen für die europäische Telekommunikation von Zersplitterung und Beschränkungen geprägt", beklagt EU-Kommissarin Kroes. "Die Folge sind schlechte Drahtlosverbindungen, Schwierigkeiten bei grenzüberschreitenden Verbindungen, sowie von Betreibern blockierte oder gedrosselte Apps und Dienste."

Da ist es wenig verwunderlich, dass rund ein Viertel der befragten Entwickler einen schnelleren Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze der vierten Generation (4G-Dienste) in Europa fordern. Rund 35 Prozent macht die mangelnde Interoperabilität zwischen bestimmten Plattformen wie Android, iOS und Facebook zu schaffen. Und ein Großteil der Software-Entwickler ärgert sich über die de facto Abhängigkeit von Plattformen amerikanischer Großkonzerne und die daraus resultierenden Auswirkungen auf ihre Einnahmen.

"Für eine Welt von morgen, in der selbst Fahrzeuge vernetzt sein werden, und wir uns sogar im Gesundheitswesen auf mobile Apps verlassen, müssen diese Probleme unbedingt gelöst werden", betont Kroes. "Wir müssen die Probleme im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit und Zersplitterung der Netze lösen. Ein Grund mehr, auf die Vollendung des Telekommunikations-Binnenmarkts hinzuarbeiten!"