Apple steigerte seinen Markenwert im vergangenen Jahr um 84 Prozent. | Erzrivale Microsoft hat das Nachsehen. | Rekorde purzeln in jeder Hinsicht. | Apple hat Google als weltweit wertvollste Firmenmarke überholt. Der iPhone- und iPad-Hersteller habe seinen Markenwert im Vorjahr um 84 Prozent auf 153 Milliarden Dollar gesteigert, heißt es in der am Montag veröffentlichten Erhebung der Agentur Millward Brown. Google hat zwei Prozent auf 111 Milliarden Dollar verloren und muss nach vier Jahren seine Spitzenposition räumen.
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Auch der Erzrivale von Apple, Microsoft, ist geschlagen: Apple hat im zweiten Geschäftsquartal, das im März endete, mehr Umsatz und mehr Gewinn geschafft als Microsoft. Auch wenn der kränkelnde Chef Steve Jobs gerade Probleme mit Datenschützern hat, weil iPhones und iPads den Aufenthaltsort der User anhand von Daten aus dem Mobilfunknetz speichern, läuft es für ihn weitaus besser als für die Microsoft-Ikone Bill Gates. Sein Unternehmen, das in der vorjährigen "Fortune 500"-Rangliste noch auf Rang 56 der US-Riesen gelegen war, hat sich auf Platz 35 vorgearbeitet. Mit einem Umsatz von 65,2 Milliarden Dollar konnte es Top-Konzerne wie Boeing, Microsoft, PepsiCo, Intel, Cisco Systems und Walt Disney überflügeln.
Der angebissene Apfel ist längst eine Kultmarke, die sich anschickt, zum erfolgreichsten IT-Konzern aller Zeiten zu werden. Apple spielt mittlerweile in einer eigenen Liga: Kürzlich wurde das Unternehmen - zum vierten Mal in Folge - von "Fortune" zum am meisten bewunderten US-Multi gekürt. Es verwies die Suchmaschine Google auf Rang zwei und hängte alle übrigen Top-Multis - darunter Coca Cola, IBM, Microsoft, General Electric, Procter & Gamble und McDonald’s - klar ab. Als weltweit "most admired company" punktet die 1976 im kalifornischen Cupertino gestartete einstige Garagenfirma, die schon ziemlich harte Jahre überstehen musste, vor allem mit Innovationsstärke, Finanzkraft sowie Produkt- und Managementqualität.
Autokratische Führung
Doch nicht nur die 4000 befragten Meinungsführer bescheinigen der perfekten Marketing-Maschinerie ein glänzendes Image, auch Medien, Analysten, Aktionäre und nicht zuletzt die wachsende Schar der Apple-Freaks sorgen dafür, dass das Unternehmen zu einem Selbstläufer wurde. Auch wenn Jobs ein distanziertes Verhältnis zu Journalisten kultiviert, darf sich die Firma über ein beinahe bewunderndes mediales Feedback freuen. Die einschlägigen Aktien-Gurus scheinen ihr zu Füßen zu liegen, und die Aktionäre profitieren von steigenden Kursen und nehmen auch temporäre Rückschläge nicht tragisch.
Dabei sorgt Jobs, der den Technologiekonzern autokratisch zu regieren pflegt, mit gesundheitlichen Problemen seit Jahren immer wieder für Spannung. Erst Mitte Februar berichtete der "National Enquirer", dass er sich in der selben Krebsklinik im kalifornischen Palo Alto befinde wie einst der - 2009 verstorbene - Hollywood-Star Patrick Swayze, schwer gezeichnet sei und nur noch sechs Wochen zu leben habe.
Allerdings kreuzte der Apple-Chef bereits einen Tag später bei einem Dinner mit US-Präsident Barack Obama auf.
Anfang März hatte der Pionier, der sich für ein paar Monate von der Front zurückgezogen hatte, dann einen großen Auftritt: In San Francisco präsentierte er zur Freude der Apple-Community das neue iPad 2 - dünner, leichter und leistungsstärker als sein Vorgänger -, das eingeschlagen hat wie kein anderer Tablet-PC. Jobs erledigte den Job so überzeugend wie in all den Jahren zuvor, als er Apple nicht zuletzt dank seines bereits legendären Rufs zu einer Kultfirma hochstilisiert hatte.
Krise nach Chefwechsel
Die Gründe für die schier grenzenlose Bewunderung dieses Mega-Konzerns sind vielschichtig. Sein wirtschaftlicher Erfolg spielt dabei eine gewichtige Rolle: Zuletzt schaffte Apple, dank beeindruckender Verkaufsrekorde etwa beim iPhone (plus 113 Prozent), einen Rekordgewinn: Allein im zweiten Quartal wurden 18,7 Millionen iPhones, 9 Millionen iPods, 4,7 Millionen iPads und 3,8 Millionen Macs verkauft. Der Gewinn kletterte gegenüber dem Vorjahresquartal um 95 Prozent auf knapp sechs Milliarden Dollar empor, der Umsatz um 83 Prozent auf 24,7 Milliarden Dollar.
Die fast magische Strahlkraft, die dem Mac-Konzern eine riesige Fangemeinde sichert, hat allerdings primär mit dem 56-jährigen Firmengründer zu tun: Steve Jobs, der etwas verschroben wirkende Buddhist, prägt und personifiziert diesen wie kein anderer amerikanischer Firmenchef. Er wird von Insidern durchaus ambivalent beschrieben, wobei dem auf Apple spezialisierten Buchautor Leander Kahney die Bezeichnung "visionäres Arschloch" am besten gefällt. Jobs gilt als knallhart, wortgewaltig und überzeugend, dulde aber keinen Widerspruch und pflege seine Mitarbeiter häufig ordentlich herunterzuputzen. Er habe "seine Denkweise in die Prozessabläufe der Firma übertragen", so Kahney.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass der Laden ohne ihn offenbar aufgeschmissen ist - was übrigens heftige Spekulationen in Bezug auf die Zukunft auslöst: Als Jobs Apple 1985 nach einem internen Machtkampf verließ, um die später von der Walt Disney Company übernommenen Pixar Animation Studios zu führen, taumelte der Macintosh-Hersteller prompt in eine schwere Krise. An deren Tiefpunkt verlor er 36 Prozent des Umsatzes, wies eine Milliarde Dollar Verlust aus und musste sich mit einem Marktanteil von zwei Prozent begnügen.
Nachdem der Boss 1996 wieder an Bord war, ging es - wenn auch nicht unbedingt rasant und ganz problemlos - bergauf. Er krempelte das damalige Geschäftsmodell völlig um und verwandelte den Hard- und Software-Produzenten, der immer nur einen winzigen Teil des Markts bedient hatte, in einen Anbieter von Lifestyle-Produkten und Digital Entertainment. Er hat 2001 auf den tragbaren Musikplayer iPod gesetzt und damit die digitale Musikrevolution eingeleitet. Apple stieg durch das Download-Geschäft zum größten Musikvertrieb in den USA auf.
Seit jeher ein unerschrockener Kämpfer, der sich selbst von Giganten niemals einschüchtern hatte lassen, brach Jobs mit dem iPhone in den von Nokia dominierten Handy-Markt ein. Und schaffte es wie kein anderer, die Kontrolle über seine Produktpalette zu behalten.
Ein Dollar Jahresgage
Nach dem revolutionären Vorstoß in die Handy-Branche mit dem Verkaufsschlager iPhone trumpfte der geniale Egomane, der Mitbewerber wie Motorola und Samsung gerne alt aussehen lässt, mit dem Tablet-PC iPad auf. Obendrein wurde der Vorsprung gegenüber den Rivalen mit Plattformen wie iTunes und dem App Store vergrößert. Der Tanz auf mehreren Kirtagen wurde durchaus heftig kritisiert: Der US-Rocker Jon Bon Jovi etwa beschuldigte den Apple-Chef, die Musikindustrie auf dem Gewissen zu haben. Die iTunes-Software sei dafür verantwortlich, dass immer mehr Musikläden von der Bildfläche verschwinden.
Die neuesten Produkte wie MacBook Air oder Apple TV indes prolongierten den Hype, der nicht abzureißen scheint. Das unverwechselbare Design in Verbindung mit leichter Bedienbarkeit gehören ebenso zu Jobs’ Erfolgsstrategie wie sein Hang zum Perfektionismus und das Bestreben, die Firma alle paar Jahre neu aufzustellen. Obendrein sichert eine Menge Geld in der Hinterhand die derzeitige Vormachtstellung ab: Der Profit kletterte im Vorjahr gleich um 146 Prozent auf 14 Milliarden Dollar - nur sieben US-Konzerne sind besser. Der Konzern etablierte sich obendrein, was den Börsenwert anbelangt, dank des fulminant - im vergangenen Jahr um rund 80 Prozent - gestiegenen Aktienkurses nach Exxon Mobil als Nummer zwei der US-Giganten.
Jobs, 2004 an der Bauchspeicheldrüse operiert, musste sich 2009 einer Lebertransplantation unterziehen. Jetzt zog er sich erneut aus dem Tagesstress zurück, was die Anleger durchaus verunsichert. Kurz nachdem er massiven künftigen Elan ankündigte - "Wir laufen auf Hochtouren" -, übergab er das Kommando an Apple-Manager Tim Cook, der das Apfel-Imperium schon während Jobs früheren Absenzen geleitet hatte. Dieser wird unter anderem vom genialen Marketingmann Philip W. Schiller unterstützt, der sich seit 1997 als Regisseur des rapiden Aufstiegs um das Image kümmert. Im Board of Directors wacht beispielsweise Ex-Vizepräsident Al Gore über die Entwicklung des Konzerns.
Jobs, der lediglich einen symbolischen Dollar Jahresgage bezieht, besitzt rund 5,5 Millionen Apple-und 138 Millionen Disney-Aktien und gilt demnach als durchaus wohlhabend. Eines hat er allerdings noch nicht geschafft: sich auch in der "Forbes"-Liste der Superreichen ganz vorne zu platzieren. Mit geschätzten 8,3 Milliarden Dollar liegt er nämlich bloß auf Rang 110, weit hinter Erzrivalen wie Bill Gates, Oracle-Boss Larry Ellison oder Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.