Die beiden Kontrahenten blieben sich auch auf dem Krisengipfel treu. Als Ehud Barak und Jassir Arafat sich auf dem Weg zur Konferenz mit US-Präsident Bill Clinton begegneten, würdigten sie sich keines Blickes.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Mit eiskalter Mine gingen die politischen Führer Israels und der Palästinenser an einander vorbei. Selbst ein höflicher Gruß kam kaum über die Lippen der politischen Gegner, die noch vor einigen Wochen Partner im Frieden sein wollten.
Während über Sharm el Sheikh die Sonne schien, herrschte im klimatisierten Tagungshotel Eiseskälte zwischen den erbitterten und verbitterten Kontrahenten im Friedensprozess. US-Präsident Bill Clinton beschwor zwar beide Seiten, die Konferenz zur Beendigung der Gewalt nicht scheitern zu lassen, doch Ehud Barak blickte mit steinerner Miene in die Runde; sein sonst so auffälliges Lächeln eingefroren, wie die Atmosphäre im Saal. Auch Arafat machte keine Anstrengungen, freundlich drein zu blicken.
Beide Seiten hatten sich in den Tagen vor dem Krisengipfel fast täglich politisch beschimpft. Vor allem Barak ließ keine Gelegenheit aus, seinem 71-jährigen Gegner aus Gaza den Friedenswillen abzusprechen. Noch 24 Stunden vor dem Krisengipfel meinte er, mit Arafat sei der Frieden vermutlich nicht möglich.
Barak und seine Unterhändler hatten sich angesichts der massiven Präsenz der internationalen Medien gut vorbereitet. Sie begannen auf dem Gipfel von Sharm el Sheikh ihre Kampagne um die Gunst der Weltöffentlichkeit, die Israel im Laufe der blutigen Unruhen der vergangenen Wochen an die Palästinenser verloren hat.
Während Palästinenserpräsident Arafat mit seiner Regierungs-Mannschaft erschien, nahm Barak fast ein Dutzend Sprecher und "Medienberater" mit auf den Sinai, um vor den TV-Kameras der dort versammelten internationalen Fernsehsender die israelische Seite des jüngsten Konflikts zu "verkaufen". Extra für die Konferenz heuerte Barak fünf weitere Nahost-Experten an, die den scheinbar unstillbaren Nachrichtendurst der Weltpresse befriedigen sollten. Sie wiederum wurden von seinen inzwischen vier offiziellen Sprechern "geführt", berichtete die israelische Presse am Montag.
Um die seit dem Ausbruch der Gewalt entstandene internationale Sympathiewelle für die Palästinenser zu brechen, engagierte Barak sogar den ehemaligen Armeesprecher Nahman Shai, der während des Golfkriegs 1991 den israelische Standpunkt rund um die Uhr in Interviews mit internationalen Nachrichtensendern "verkaufte". Shai, wegen seiner beruhigenden Art auch "das Valium Israels" genannt, soll Barak jetzt helfen, den PR-Boden wieder gut zu machen, den Israel angesichts der jüngsten Unruhen verloren hat. Nicht zuletzt die Bilder vom Sterben des zwölf-jährigen Mohammed El Dirra im Gazastreifen kostete Israel weltweit Sympathien, die Barak nach dem gescheiterten Gipfel von Camp David in emsiger Reise-Diplomatie eingeheimst hatte.