Zum Hauptinhalt springen

Arbeit als Selbstschutz

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Viele Bürger sind der großen Koalition überdrüssig. Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten sind vergleichsweise gut, doch die "ewige Koalition" hat nur noch wenige Anhänger. Auch von innen heraus strahlt die SPÖ/ÖVP-Regierung eine gewisse Lethargie aus. Was also tun, wenn nun zweieinhalb Jahre keine Wahl ansteht?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Selbstaufgabe ist kein Konzept, das würde nur die FPÖ-Umfragewerte verbessern. Nun scheint es, dass sich die Parteichefs Werner Faymann und Josef Pröll dazu entschlossen haben, etwas auszuprobieren, wozu sie eigentlich gewählt worden sind: gemeinsam zu arbeiten.

Das ÖVP-Bildungspapier ist kein kleiner Schritt für die in diesem Bereich besonders konservative Partei. Ministerin Claudia Schmied hat bereits signalisiert, auch der Volkspartei entgegenkommen zu wollen. Vor 14 soll keine Richtungsentscheidung über den Ausbildungsweg erfolgen, die (auch von schwarzen Landeshauptleuten bekämpfte) 10-Prozent-Grenze bei der neuen Mittelschule fällt. Eine Einigung auf die Bildungsreform kann wohl als fix angenommen werden, auch wenn es gut gewesen wäre, wenn Ministerin Beatrix Karl ebenfalls zu den Universitäten Stellung bezogen hätte. Sie sind ja Bestandteil des Bildungssystems.

Auch bei der Abschaffung der Wehrpflicht und der notwendigen Briefwahländerung werden Sozial- und Christdemokraten aufhören, sich ihre Wünsche über Zeitungen auszurichten. Es wird auch in diesen Bereichen eher früher als später Einigungen geben. Kanzler und Vizekanzler machen sogar einen gemeinsamen Neujahrsempfang - als sichtbares Zeichen der neuen beruflichen Harmonie.

Dies ist kein Kuschelkurs, sondern bloßer Selbstschutz. Die Legislaturperiode mittels vorgezogener Neuwahlen zu beenden, ist ein Risiko, das keiner der beiden eingeht. Dazu sind zu viele Wähler zu enttäuscht. Also wird nun in der Regierung gearbeitet. Das ist prinzipiell begrüßenswert, die dahinterliegende Motivation bedeutungslos.

Welche der beiden Parteien vom Arbeitseifer stärker profitiert, wird die Nationalratswahl 2013 weisen. Eines darf wohl schon 2011 qualifiziert vermutet werden: Diese "große Koalition" aus SPÖ und ÖVP ist die letzte für längere Zeit, es wird 2013 wohl keine Fortsetzung geben. Wenn sie bis dahin den Reformstau abarbeitet, hat sie immerhin einen würdigen Abschied.

Die ÖVP entdeckt den Arbeitseifer