Datenaustausch ohne Verdacht auf ein Steuerdelikt? | Deutsches Gesetz gegen Steueroasen passiert Bundesrat. | Wien. Gerade noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl hat die deutsche Regierung eine letzte große Hürde in ihrem symbolträchtigen Kampf gegen Steueroasen aus dem Weg geräumt: Am Freitag passierte eine Rechtsverordnung den Bundesrat, durch die ein Anfang Juli beschlossenes Gesetz nun umgesetzt werden kann. Ab kommendem Jahr soll damit Steuerflucht ins Ausland eingedämmt werden.
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Das Gesetz trifft Unternehmen, die Geschäfte in Ländern machen, welche beim Austausch von Steuerdaten zu wenig kooperieren. Solche Firmen unterliegen in Zukunft schärferen Auskunftspflichten gegenüber dem deutschen Fiskus. Kommen sie diesen nicht nach, verlieren sie bedeutende Steuervorteile.
Bundesrat will mitreden
Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück will nun rasch eine entsprechende Liste mit Ländern erstellen. Hier könnte das letzte Wörtchen allerdings noch nicht gesprochen sein, da der Bundesrat Mitbestimmung einfordert.
Dass Österreich betroffen sein wird, gilt mittlerweile als wenig wahrscheinlich. Immerhin hat Wien bereits die Amtshilfe-Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) anerkannt und im Rahmen von gut einem Dutzend Doppelbesteuerungsabkommen umgesetzt.
Tätigkeit im Ausland
Zunächst musste allerdings ein Gesetz verabschiedet werden, das eine Lockerung des Bankgeheimnisses ermöglicht. Anders als von den Befürwortern der Neuregelung kolportiert, betrifft diese Aufweichung jedoch nicht ausschließlich ausländische Bankkunden: Geht nämlich ein Österreicher im Ausland einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach, die dort eine Steuerpflicht mit sich bringt, können die Behörden dieses Landes ein Amtshilfe-Ansuchen an Österreich richten, so Klaus Wiedermann, Steuerexperte beim Beratungsunternehmen Deloitte kürzlich bei einem Vortrag in Wien.
Dass Amtshilfe-Ansuchen nur dann berechtigt sind, wenn ein konkreter Verdacht auf ein Steuerdelikt vorliegt, glaubt Wiedermann nicht. Tatsächlich ist in den Erläuterungen zum Gesetz von "voraussichtlich relevanten" Informationen "für Zwecke der Besteuerung oder Strafverfolgung" die Rede. Generell sieht Wiedermann Klärungsbedarf in Detailfragen - etwa, wie konkret Amtshilfe-Ansuchen formuliert sein müssen. Hier komme noch einiges an Arbeit auf die Höchstgerichte zu.