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Die aktuelle Prognose zur Entwicklung des Arbeitsmarktes lässt nur einen Schluss zu: Österreich akzeptiert still und heimlich eine relativ hohe Sockel-Arbeitslosigkeit. Erst gegen Ende 2015 soll sich die Arbeitslosigkeit leicht verringern. Das ist ein Befund, der viel schlimmer als die Hypo ist. Sozialpolitiker machen sich daher zunehmend Gedanken darüber, wie die Arbeit in unserer Gesellschaft neu zu verteilen ist. Das Schlagwort "Arbeitszeitverkürzung" geistert wieder herum, zu Unrecht als Klassenkampf-Vokabel abgestempelt.
Denn immer mehr Arbeit konzentriert sich auf immer weniger Beschäftigte, anders sind die ebenfalls gemessenen Rekordwerte an Überstunden nicht zu erklären.
Gewerkschaften und Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass Arbeit immer flexibler wird. Einerseits durch Kundenforderungen, andererseits durch neue Technologien. Dem ist mit den derzeit existierenden Kollektivverträgen ebenso wenig Herr zu werden wie mit der sturen Arbeitgeberforderung, Lohnabschlüsse nur noch auf Betriebsebene abzuschließen. Mittlerweile gibt es mehr als 251.000 Ein-Personen-Unternehmen in Österreich. Die Sozialpartner haben allesamt noch kein Rezept gefunden, wie sie mit diesem Beschäftigungszweig umgehen sollen. Diese "Unternehmer" leben oft vom Prinzip der Selbstausbeutung - die Gesellschaft dankt es ihnen mit Blick auf die Sozialversicherung nicht. "Werkvertragler" arbeiten immer öfter Seite an Seite mit langjährigen Mitarbeitern und verdienen bei gleicher Leistung ein Drittel. Ein dauerhaftes Konzept kann das nicht sein.
In der jetzigen Arbeitsgesellschaft wird die Leistung geringer honoriert als das Senioritätsprinzip. Das muss viel stärker hinterfragt werden, weil sich dadurch die gesamte Lohnsumme ungleich verteilt. Andererseits müssen die Unternehmen akzeptieren, dass in Zukunft wohl auch Gewinnanteile zur Finanzierung der Sozialversicherungen oder Bildungseinrichtungen verwendet werden.
Und die Politik muss endlich wieder private und öffentliche Sachinvestitionen unterstützen. Diese gehen seit Jahren zurück und werden bestenfalls in den Erhalt bestehender Anlagen gesteckt, es fehlt an Erweiterungsinvestitionen.
Der gerne verwendete Satz, Österreich stehe im EU-Vergleich ohnehin gut da, stimmt zwar, ist den 400.000 Arbeitslosen aber keine Hilfe.