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Arbeiten statt Taktieren

Von Reinhard Viertl

Gastkommentare
Reinhard Viertl war Vorsitzender der Bundeskonferenz des wissenschaftlichen Personals der österreichischen Universitäten und Ordinarius für Angewandte Statistik an der Technischen Universität Wien.
© n4tl

Dass führenden Politikern als Reaktion auf einen Skandal nichts anderes einfällt, als vorgezogene Wahlen, ist dürftig.


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Die peinlichen Aussagen von Politikern in der jüngsten Vergangenheit bewegen einen dazu, über unser politisches System und ihre Repräsentanten nachzudenken. Dass den führenden Politikern als Reaktion auf einen Skandal nichts anderes einfällt, als vorgezogene Wahlen zum Nationalrat zu organisieren, ist dürftig. Was versprechen sie sich davon außer ein paar Stimmen mehr für ihre jeweiligen Listen? Bedenkt man, dass der Nationalrat vor kurzer Zeit eine Verlängerung der Gesetzgebungsperiode beschlossen hat, ist dies geradezu absurd. Warum hält man sich nicht an die eigenen Beschlüsse? Was außer Taktik sind die Gründe für vorgezogene Wahlen?

Der riesige Aufwand dafür in personeller und finanzieller Hinsicht ist kaum zu rechtfertigen, bedenkt man die Ausgaben für Wahlwerbung und die Refundierungen. Nach der Wahl im Herbst werden die Kräfteverhältnisse im Nationalrat voraussichtlich nicht viel anders sein als derzeit. Die Voraussetzungen für eine Regierungsbildung werden daher auch kaum anders sein als jetzt. Daher könnten sich verantwortungsbewusste Politiker auch ohne vorgezogene Wahlen um eine Regierungsbildung bemühen. Dass dies möglich ist zeigen Beispiele von erfolgreichen Ländern, in denen die Abstände zwischen Wahlen zum Gesetzgebungsorgan fest vorgegeben sind.

Als einfacher Bürger hat man das Gefühl, dass kleine Gruppen von Mächtigen in den politischen Parteien vorwiegend taktieren. Daher wären fixe Wahlperioden sowohl für die Wähler als auch für das konstruktive Miteinander von Politikern zum Wohle des Landes sinnvoll.

Es gibt aber auch noch andere zweifelhafte politische Bräuche in Österreich. Zum Beispiel den Klubzwang, der der Verantwortung der Abgeordneten entgegensteht. Im Sinne dieser Verantwortung wäre es höchst an der Zeit den Klubzwang abzuschaffen. Wozu braucht man ein Abgeordnetenhaus, wenn die Entscheidungen woanders fallen? In diesem Zusammenhang ist auch das Listenwahlrecht fragwürdig. Als Wähler fühlt man sich getäuscht, wenn gewählte Mandatare einfach ausgetauscht werden können. Wirkliche Verantwortung kann nur dadurch erreicht werden, dass Abgeordnete persönlich gewählt werden. Auch dafür gibt es Beispiele in bewährten Demokratien.

Ein weiteres Problem im Zusammenhang einer möglichst repräsentativen Volksvertretung sind die Funktionsperioden der Abgeordneten. Hier wäre eine Begrenzung der Funktionsdauer sinnvoll, um die Anliegen der Bevölkerung zu vertreten. Jemand, der viele Jahre im Nationalrat verbringt, läuft Gefahr den Kontakt zum Volk zu verlieren, da er oder sie meist mehrere Einkommen hat und die Probleme der Bürger nicht nachvollziehen kann.

Ein anders Problemfeld ist das Gerangel um Positionen, speziell um Ministerposten. Hört man aktuelle politische Beiträge, so wundert man sich. Dabei hat man den Eindruck, dass Postenschacher vor Kompetenz rangiert. Auch dies trägt nicht zum Vertrauen in die Politik bei. Das Taktieren vieler Politiker ist für einen Großteil der Bevölkerung befremdlich und schlecht für ein konstruktives Miteinander. Für gute Politiker sollte die Arbeit im Sinne der Allgemeinheit Vorrang vor parteitaktischen Aktionen haben.