Betriebe ab 5 aktiv Wahlberechtigten haben Betriebsrat einzurichten. | Arbeitgeber hat keinen Einfluss auf die Errichtung. | Wien. Große Betriebe mit vielen Mitarbeitern ohne Betriebsrat - das gibt es. In solchen Fällen wird manchmal dem Arbeitgeber vorgehalten, dass er für die Einrichtung eines Betriebsrates zu sorgen habe. Tatsächlich gibt es aber im österreichischen Betriebsverfassungsrecht keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Errichtung eines Betriebsrates oder zur Förderung der Wahl eines Betriebsrates.
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In Betrieben, in denen mindestens fünf aktiv wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden, ist ein Betriebsrat einzurichten. Aktiv wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer ohne Unterschied der Staatsbürgerschaft, die am Tag der Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes das 18. Lebensjahr vollendet haben und an diesem Tag sowie am Tag der Wahl im Betrieb beschäftigt sind.
Nicht mitzuzählen sind Familienangehörige des Betriebsinhabers, die vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen sind. Daher sind folgende Familienmitglieder außer Acht zu lassen: Der Ehegatte des Betriebsinhabers und Personen, die mit dem Betriebsinhaber bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind oder zu ihm im Verhältnis von Wahl- oder Pflegekind, Wahl- oder Pflegeeltern sowie Mündel oder Vormund stehen. Außerdem nicht berücksichtigt werden in Betrieben einer juristischen Person die Ehegatten von Mitgliedern des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, sowie Personen, die mit Mitgliedern eines solchen Vertretungsorgans im ersten Grad verwandt oder verschwägert sind. Mitzuzählen sind auch Teilzeitbeschäftigte und freigestellte Arbeitnehmer. Nicht berücksichtigt werden Heimarbeiter.
Arbeitgeber muss eine Betriebsratswahl dulden
Sind nach diesen Kriterien fünf Arbeitnehmer im Betrieb dauernd beschäftigt, so haben die Arbeitnehmer einen Betriebsrat zu wählen. Die Pflicht zur Errichtung eines Betriebsrates trifft ausschließlich die Arbeitnehmer. Zu diesem Zweck haben die Arbeitnehmer zunächst eine Betriebsversammlung einzuberufen, welche den Wahlvorstand wählt, der die Wahl vorbereitet. Besteht bereits ein Betriebsrat, so hat dieser die Versammlung einzuberufen. Ist noch kein Betriebsrat vorhanden, so ist die Versammlung vom ältesten Arbeitnehmer oder mindestens so vielen Arbeitnehmern einzuberufen, als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind.
Wird eine Betriebsversammlung durchgeführt, so kann diese der Arbeitgeber nicht beeinflussen oder verhindern. Der Arbeitgeber hat kein Teilnahmerecht. Er kann nur dann (ohne Stimmrecht) teilnehmen, wenn er von den Einberufern eingeladen wird. Der Arbeitgeber hat auch keine rechtliche Möglichkeit, in die Wahlvorbereitungen einzugreifen oder diese zu überwachen. Er hat jedoch den Kündigungsschutz der Mitglieder des Wahlvorstandes zu beachten.
Darüber hinaus ist (falls kein besonderer Kündigungsschutz besteht bzw. dieser nicht mehr besteht) ein Motivkündigungsschutz wegen Einberufung der Betriebsversammlung und wegen der Tätigkeit als Mitglied des Wahlvorstandes, einer Wahlkommission oder als Wahlzeuge vorgesehen.
Dem Arbeitgeber werden also keine Pflichten zur aktiven Tätigkeit, sondern gewissermaßen Duldungspflichten im Rahmen der Betriebsratswahl auferlegt. Er hat die Vorbereitungen für eine Betriebsratswahl sowie deren Durchführung zur Kenntnis zu nehmen und darf nicht versuchen, die Wahl durch Kündigungen (oder Entlassungen) der dabei aktiven Arbeitnehmer zu beeinträchtigen oder zu verhindern.
Keine Sanktionen, wenn es keine Vertretung gibt
Die Wahl eines Betriebsrates stellt im betriebsratspflichtigen Betrieb eine Möglichkeit der Arbeitnehmerschaft dar, deren Nichtinanspruchnahme keinerlei Sanktionsfolgen haben kann. Nachteilige Folgen für den Arbeitgeber sind nicht vorgesehen, weil dieser keine rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Errichtung eines Betriebsrats hat. Es kommt daher auch in der Praxis immer wieder vor, dass Betriebe mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigen und kein Betriebsrat eingerichtet ist.
Der Arbeitgeber muss dem Wahlvorstand die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Räumlichkeiten, Kanzlei- und Geschäftserfordernisse sowie sonstigen Sacherfordernisse in einem der Betriebsgröße und den Bedürfnissen des Wahlvorstandes angemessenen Ausmaß unentgeltlich zur Verfügung stellen.
Thomas Rauch ist Mitarbeiter der sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Wien. Der vollständige Artikel ist in der September-Ausgabe der Zeitschrift "ASoK" im Linde Verlag erschienen.