Gabriele Tamandl, ÖAAB-Kandidatin bei der Wiener AK-Wahl im Interview. | "Wiener Zeitung": Bei der Wiener Arbeiterkammer-Wahl vom 5. bis 18. Mai sind Sie ÖAAB-Spitzenkandidatin - steht man da nicht von vornherein auf verlorenem Posten? Immerhin hat die SPÖ fast 70 Prozent.
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Gabriele Tamandl: Wenn man immer nur das täte, wo der Sieg schon von vornherein feststeht, würden sich viel weniger in der Politik engagieren. Ich war ab 1999 ÖVP-Bezirksparteiobfrau in Wien-Simmering, da kämpft man auch gegen eine satte SPÖ-Mehrheit.
Was ist ihr Wahlziel?
Wir wollen den Vizepräsidenten zurück gewinnen, den wir 2004 verloren haben. Davor hatten wir 16 Prozent, jetzt haben wir 14,4 - das sind 40.000 Stimmen, und wir brauchen etwa 4000 Stimmen mehr.
Womit wollen Sie punkten?
Wir sagen: Arbeitnehmerpolitik ist kein Klassenkampf. Gerade jetzt in der Krise darf sich die Arbeitnehmerschaft nicht gegen die Unternehmer stellen. Es geht darum, Arbeitsplätze zu erhalten - und da muss der Unternehmer ein Partner sein. Da unterscheiden wir uns von den Roten. Die sind klassenkämpferisch unterwegs - gerade jetzt auch in der Diskussion um die Vermögenszuwachssteuer. Damit werden wir gar nichts erreichen.
Die Vermögenszuwachssteuer ist aber auch in der ÖVP umstritten . . .
Claus Raidl (Industrieller und ÖVP-Mitglied, Anm.) ist ein Zurufer von außen. Wenn wir jetzt, wo die Aktienkurse gefallen sind, über Vermögenszuwachssteuern nachdenken, dann müssen wir auch eine Verwertbarkeit der Verluste diskutieren. Eine Vermögenszuwachssteuer würde auch Arbeitnehmer treffen, die ihre Abfertigung angelegt haben. Das sind keine Reichen, wären aber genauso betroffen. Der Mittelstand wäre wieder der Verlierer, daher lehne ich das kategorisch ab. Das bringt nichts und schafft keine neuen Arbeitsplätze.
Sind die Maßnahmen der Regierung zur Erhaltung der Arbeitsplätze tauglich?
Die Kurzarbeit ist schon tauglich. Es kann aber nicht sein, dass jemand nach der Kurzarbeit trotzdem gekündigt wird. Nur wenn die Arbeitsplätze sicher sind, können die Arbeitnehmer Abstriche machen. Ich will aber auch die Unternehmen in die Pflicht nehmen. Sie müssen Alternativen zur Kurzarbeit suchen und erkennen, ob ein Mitarbeiter für Altersteilzeit, Hacklerpension, Bildungskarenz in Frage kommt. Wer sich fortbilden kann, hat bessere Chancen, eine Stelle zu behalten oder zu finden. Das müsste auch die AK mehr fördern. Dort gibt es den Bildungsgutschein über 100 Euro pro Jahr, den wollen wir verdoppeln.
Wie weit sollen die Abstriche der Arbeitnehmer neben der Kurzarbeit gehen? Lohneinbußen oder Mehrarbeit?
Nein, aber zum Beispiel könnten die Gehaltsabschlüsse niedriger als die üblichen drei Prozent sein. Allerdings bringen Null-Lohnrunden nichts. Das könnte dazu führen, dass die Menschen Angst bekommen und ihr Geld nicht mehr ausgeben. Das würde Arbeitsplätze vor allem im Handel gefährden.
Beim graphischen Gewerbe haben Sie sich als Vermittlerin im KV-Streit angeboten, weil Sie gegen Kampfmaßnahmen, also etwa Streiks, sind. Wie halten Sie es da mit den Lehrern?
Grundsätzlich halte ich von Streiks überhaupt nichts. In einer zivilisierten Welt kann man miteinander reden. Aber wenn Bildungsministerin Claudia Schmied den Lehrern über die Medien ausrichtet, welche Maßnahmen sie vor hat, dann ist das nicht okay. Auch nicht, dass die Bevölkerung gegen die Lehrer aufgebracht wird. Das führt zu einer Verhetzung.
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf hält die Hacklerregelung für einen "Sündenfall". Der ÖAAB will die Verlängerung der Hacklerregelung sogar bis 2023 . . .
Eine solche Regelung soll nicht wie mit einem Fallbeil enden. Wenn etwas abrupt endet, können sich die Menschen nicht danach richten. Daher wäre eine Ausschleifregelung wichtig, so wie es ursprünglich geplant war.
Zur Person
Gabriele Tamandl (43) ist Steuerberaterin aus Wien und sitzt seit 2003 für die ÖVP im Nationalrat.