Tausende Arbeiter streiken. Die Regierung spricht von einer Verschwörung.
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Dhaka. In den Sweatshops von Bangladesch ist ein spontaner Arbeitskampf ausgebrochen. Mehr als 50 Textilfabriken am Rand der Hauptstadt Dhaka sind geschlossen. Die Besitzer befürchteten angeblich Aufstände streikender Arbeiter und würden ihre Anlagen bis auf Weiteres nicht wieder öffnen, teilte das Arbeitsministerium am Mittwoch mit. Hundert Streikende wurden entlassen.
Die Regierung stellte sich auf die Seite der Arbeitgeber. Sie entsandte zudem paramilitärische Truppen (Border Guards) in den betroffenen Distrikt Ashulia, rund 20 Kilometer nördlich der Hauptstadt Dhaka. Bisher gibt es aber keine Berichte von Gewaltausbrüchen in der Gegend, in der rund 400 Textilfabriken stehen. Innenminister Asaduzzaman Khan sprach davon, dass die Arbeiter manipuliert würden. Shajahan Khan, Minister für Seehandel, forderte die Arbeiter auf, nicht auf Provokationen zu reagieren. Auch Premierministerin Sheikh Hasina vermutete eine Verschwörung hinter den Protesten.
Forderung nach Lohnerhöhung und Sicherheit
Vertreter der Arbeiter sehen in dem Vorgehen der Regierung den Versuch, ihre Anliegen zu kriminalisieren. Mehrere tausend Beschäftigte aus 55 Fabriken streiken seit einer Woche. Sie fordern unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns von 5.300 Taka (rund 64 Euro) pro Monat auf 16.000 Taka (rund 195 Euro). Das gesetzlich festgelegte Einstiegsgehalt beträgt allerdings nur 3.000 Taka (36 Euro).
Über die Lohnerhöhung hinaus sind die Anliegen der Streikenden umfassend: Bei friedlichen Demonstrationen wurden etwa bessere Sicherheitsbestimmungen, freie Ausübung der Arbeiterrechte, Kündigungsschutz und Transportmöglichkeiten gefordert.
Erfolgreiche Industrie auf dem Rücken der Ärmsten
Die Herstellung von Stangenkleidung ist ein wesentlicher Wirtschaftszweig des Landes. Unabhängigen Studien zufolge gibt es in Bangladesch rund 7.000 Textilfabriken mit über 4 Millionen Beschäftigten. Das Land ist der größte Kleidungsproduzent auf der Welt nach China. Die Arbeitsbedingungen sind teilweise katastrophal, Kinderarbeit ist weit verbreitet, In vielen Fällen verfügen die Unternehmen kaum über basale sanitäre Anlagen. Die Gebäude befinden sich oft in einem erbärmlichen Zustand.
Tatsächlich wird der Mindestlohn immer wieder unterschritten. Gewerkschaftliche Organisation und die Wahrnehmung von Rechten der Arbeitnehmer werden immer wieder - auch durch Anwendung körperlicher Gewalt - verhindert.
Katastrophe 2013
Beim Einsturz des Rana Plaza, eines achtstöckigen Gebäudes, in dem mehrere Textilfirmen untergebracht waren. starben im April 2013 rund 1.200 Menschen. Danach kam es erstmals zu einem Abkommen über den Schutz der Arbeitnehmer. Dieses wird jedoch keineswegs immer umgesetzt.
(Quellen: APA, dpa, lokale Medien, NGOs)