Die Debatte um eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes infolge der Corona-Krise nimmt deutlich an Fahrt auf. Für IHS-Ökonom Hofer ist im Falle einer Erhöhung eine Befristung entscheidend.
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Ende Mai waren 517.000 Menschen in Österreich arbeitslos. Das sind bereits deutlich weniger als einige Wochen zuvor. Mitte April hatte die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung "Lockdown"-bedingt noch den historischen Höchststand der Zweiten Republik von 588.000 erreicht.
Doch auch mit der leichten Entspannung am Arbeitsmarkt sind immer noch 174.000 Menschen mehr arbeitslos als im Vorjahresmonat. Und: Die Beschäftigungskrise dürfte aufgrund der wirtschaftlichen Corona-Langzeitfolgen hartnäckig bleiben. Auch die Debatte um eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes wird dementsprechend immer virulenter.
Die SPÖ hatte diese Maßnahme schon seit längerer Zeit vehement eingefordert. Konkret: eine Erhöhung der Nettoersatzrate, also eine Steigerung von derzeit 55 Prozent vom letzten Nettolohn auf 70 Prozent. Am Wochenende gab es erstmals auch entsprechende Signale der ÖVP, die eine Erhöhung beim Arbeitslosengeld bis dahin abgelehnt hatte.
"Mehrere Möglichkeiten"
Die Regierungspartei scheint sich in dieser Frage zu bewegen, lautete die Einschätzung des Kärntner SPÖ-Landeshauptmanns Peter Kaiser am Samstag nach einem Telefonat mit ÖVP-Arbeitsministerin Christine Aschbacher. Es dürfe beim Arbeitslosengeld "keine Tabus geben", hieß es später von der Ministerin gegenüber der "Kronen Zeitung".
Die ÖVP sieht demnach "mehrere Möglichkeiten" für eine Umgestaltung. Dazu gehörten neben der Erhöhung des Arbeitslosengeldes auch Optionen wie eine einmalige Entgeltauszahlung oder eine befristete Aktion. Auch ein "Kombimodell mit der Mindestsicherung" könnte sich die Volkspartei vorstellen. Welche dieser aktuell geprüften Varianten am wahrscheinlichsten sein könnte, sei derzeit noch nicht abschätzbar, heißt es dazu aus dem Arbeitsministerium gegenüber der "Wiener Zeitung".
Der grüne Koalitionspartner hatte zuvor jedenfalls schon deutliche Signale für Veränderungen bei der Unterstützung für Arbeitslose gesendet. "Ich bin da absolut gesprächsbereit", hatte Sozialminister Rudolf Anschober am Samstag, angesprochen auf eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, erklärt. Es brauche dafür allerdings Mehrheiten mit dem Koalitionspartner. Zuvor hatte sich schon der grüne Sozialsprecher Markus Koza im Rahmen der Corona-Krise für höheres Arbeitslosengeld ausgesprochen und benannte die Maßnahme als Mittel der Wahl, um gerecht aus der Krise zu kommen.
Kärntens Landeshauptmann Kaiser argumentierte am Wochenende, der Effekt einer Erhöhung von 55 auf 70 Prozent des Nettolohns sei "volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich sinnvoll". Die Rate von 55 Prozent würde zudem oft nicht einmal die Grundkosten der arbeitslos gewordenen Menschen decken.
Immer ein Spannungsfeld
Bei der Höhe des Arbeitslosengeldes bestehe grundsätzlich immer ein Spannungsfeld, sagt Helmut Hofer, Arbeitsmarktexperte am Institut für höhere Studien (IHS), zur "Wiener Zeitung". Und zwar zwischen der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld zur Armutsvermeidung einerseits und dem Setzen von Arbeitsanreizen andererseits. Es bestünden jedenfalls gute Gründe, die Unterstützung für Arbeitslose von der Lage der Konjunktur abhängig zu machen. "Jetzt kann man darüber diskutieren, ob man eher bei der Höhe oder bei der Dauer des Bezuges ansetzen soll", sagt Hofer.
Grundsätzlich sind die österreichischen Beträge beim Arbeitslosengeld im internationalen Vergleich eher niedrig. Die mögliche Bezugsdauer ist - rechnet man die Notstandshilfe hinzu, die nach dem Arbeitslosengeld bezogen werden kann - hierzulande dagegen ausgedehnter als in vielen anderen Ländern.
Während einer Rezession, wie aktuell durch Corona, sei eine Ausweitung sowohl bei Dauer als auch Höhe des Arbeitslosengeldes sinnvoll, meint Hofer.
Denn ein Plus beim Arbeitslosengeld hat grundsätzlich nicht nur den Effekt, Erwerbslose vor Armut zu schützen, sondern steigert auch deren Kaufkraft und kann so den wirtschaftlichen Einbruch potenziell abschwächen.
Für Hofer ist dabei die Befristung der Maßnahme entscheidend - nach Abschwächung der Rezession solle sie zurückgefahren werden. "Politisch ist es allerdings erfahrungsgemäß sehr schwierig, eine beschlossene Erhöhung später wieder zurückzunehmen", sagt der Ökonom.