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Arbeitslosigkeit lässt Zahl der Gründer steigen

Von Eva Stanzl

Wirtschaft

In Österreich flüchten Jobsuchende in die Selbständigkeit. | Deutschland: Mehr Neugründungen als Insolvenzen. | Wien/Bonn. Die Zahl der Firmengründungen steigt: Was auf den ersten Blick erfreulich erscheint, ist in Wahrheit eine Folge der steigenden Arbeitslosigkeit. Analog zur schlechteren Lage auf dem Arbeitsmarkt nimmt nämlich derzeit vor allem die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen zu.


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"Per Mitte Dezember 2009 setzten österreichweit 3373 arbeitslos Gemeldete mit Hilfe von Mitteln aus dem Gründerprogramm eine Firmengründung um", berichtet Ernst Haider von der Bundesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS). Zum Vergleich: 2008 waren es noch 2974 Personen oder um fast 15 Prozent weniger. Analog dazu sei die Arbeitslosigkeit per Mitte Dezember im selben Ausmaß auf 6,6 Prozent gestiegen, sagt Haider zur "Wiener Zeitung".

Ähnlich ist das Bild in Deutschland. Zwar wurden dort 2009 im Mittelstand trotz Wirtschaftskrise mehr Unternehmen gegründet als aufgegeben. Jedoch erhielt fast die Hälfte der zusätzlichen Firmengründer den Gründungszuschuss der Bundesarbeitsagentur.

Laut Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn wurden 410.000 Betriebe neu gegründet - um 11.000 mehr als 2008. Davon erhielten 5000 das Einstiegsgeld oder den Gründungszuschuss. "Dabei ist die dominierende Rechtsform das Einzelunternehmen - entweder freiberuflich oder als Ich-AG", sagt Frank Wannau, stellvertretender Leiter des IfM.

Parallel dazu lag die Zahl der Unternehmensauflösungen mit 397.000 Firmen um 13.000 unter jenen des Vorjahres. Auch das ist nicht unbedingt ein positives Zeichen: "Viele Selbständige, die keine Option haben, etwas anderes zu tun, weil sie weder einen neuen Job noch Arbeitslosengeld bekämen, liquidieren ihr Unternehmen nicht, obwohl ihnen das Wasser schon bis zur Brust steht. Sie machen weiter und hoffen, dass der Markt sich verbessert", erklärt Wannau.

Österreicher scheuen traditionell das Risiko

Im Unterschied zu den vom Arbeitsamt unterstützten Gründungen nehmen die regulären Firmengründungen in Österreich ab. "Insgesamt erwarten wir dieses Jahr einen leichten Rückgang", sagt Elisabeth Zehetner vom Gründungsservice der Wirtschaftskammer (WKO). Wurden 2008 noch rund 30.000 Firmen gegründet, sollen es heuer um vier bis sieben Prozent weniger werden. Detaillierte Zahlen will die WKO Ende Jänner bekannt geben.

Grund für den Rückgang sei die Risikoscheue der Österreicher, sagt Zehetner. "Wenn jemand eine gute Idee hat, aber einen sicheren Job, ist das derzeit ein Grund, mit der Umsetzung zu warten. Vor dem Hintergrund von Konkursmeldungen sagt man: Wir warten lieber noch sechs Monate, bis wieder sicherere Zeiten anbrechen", berichtet sie aus der Praxis.

Noch ein Grund könnte die heimische Unternehmensstruktur sein. "Zwischen 1995 und heute ist allein die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen von 110.000 auf 300.000 gestiegen. Wir haben bereits einen hohen Grad der Differenziertheit erreicht", sagt Peter Voithofer von der KMU Forschung Austria.

Um zudem Unternehmern aus den EU-Nachbarländern im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie eine Beratung angedeihen zu lassen, hat das Wirtschaftsministerium Beratungsstellen in allen Bundesländern - so genannte Einheitliche Ansprechpartner - ins Leben gerufen. Sie sollen Gründern die Verwaltungsverfahren vereinfachen, wenn sie Dienstleistungen in Österreich anbieten wollen.