Die Ausgaben für Flüchtlinge und die Steuerreform bringen laut IHS und Wifo vorerst positive Effekte für die Konjunktur.
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Wien. Die heimische Konjunktur zieht wieder an, die Arbeitslosigkeit wird aber dennoch weiter steigen - so könnte man die am Donnerstag präsentierte Konjunkturprognose des Instituts für höhere Studien (IHS) und des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zusammenfassen. Laut Wifo-Chef Karl Aiginger und IHS-Sprecher Helmut Hofer sind es vor allem vier Faktoren, die der heimischen Wirtschaft schon im abgelaufenen Jahr positive Impulse brachten. Der schwache Euro-Kurs und der niedrige Ölpreis kommen den exportorientierten Ländern Europas, zu denen auch Österreich zählt, zu Gute. Laut Wifo wird im kommenden Jahr kein Land der Euro-Zone ein Minus beim Wirtschaftswachstum aufweisen.
Zu diesen guten internationalen Aussichten kommen der Wirtschaft in Österreich vor allem die Steuerreform und die Ausgaben für die Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen entgegen. Die Reallöhne sind in den letzten sechs Jahren geschrumpft, durch die am ersten Jänner 2016 wirksame Steuerreform wird es im kommenden Jahr erstmals wieder ein Reallohn-Plus geben - gut für den Konsum. Auch die Investitionen werden wieder zunehmen - die wirtschaftlich nach wie vor eher schlechte Stimmung wird die strukturelle Lücke bei den Investitionen aber weiter bestehen lassen, prognostiziert Aiginger.
Starke Beschäftigung, zu geringe Qualifikation
Die Schlangen vor dem Arbeitsmarktservice werden jedoch trotz eher positiver Aussichten auch in den kommenden Jahren länger werden. Die Arbeitslosigkeit stieg im abgelaufenen Jahr von 8,4 auf 9,1 Prozent - der höchste Wert seit dem Nachkriegsjahr 1947. Spätestens 2017 ist sowohl laut IHS als auch laut Wifo eine Arbeitslosenquote von zehn Prozent möglich. Und das, obwohl die Beschäftigung weiter zunimmt. Der Grund dafür ist das, was die Wirtschaftsforscher "Mismatch" nennen: der Arbeitsmarkt kann das stetig wachsende Angebot an Arbeitskräften nicht aufnehmen. Gesucht werden vor allem spezialisierte und gut ausgebildete Dienstnehmer, die meisten Arbeitssuchenden sind aber kaum oder nur niedrig qualifiziert.
Kurzfristig wird auch der starke Zuzug von Flüchtlingen die Arbeitslosigkeit in die Höhe treiben. Nach Erhalt eines positiven Asylbescheids werden die allermeisten der Flüchtlinge Mindestsicherung beziehen und sich in Schulungen befinden. Ein auf Prognosedaten des Innenministeriums basierendes, ungefähres Szenario der Nationalbank (ÖNB) geht bis 2017 von rund 160.000 Asylberechtigten in Österreich aus, von denen rund 77 Prozent im erwerbsfähigen Alter sein werden. Zieht man die Erfahrungen etwa in Deutschland oder in Schweden hinzu, ist laut ÖNB damit zu rechnen, dass 2017 nur knapp zehn Prozent der Flüchtlinge Beschäftigung finden werden. Es leuchtet ein, dass die Wirtschaftsforscher von IHS und Wifo auf eine rasche Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt drängen. "Wir brauchen die Flüchtlinge, aber es muss gelingen, sie in Arbeit zu halten", betont IHS-Ökonom Hofer. Gefordert sei eine präventive Arbeitsmarktpolitik, die Förderung der Asylberechtigten müsse früh beginnen.
Ausgaben für Flüchtlinge "kleines Konjunkturpaket"
Das rät übrigens auch die OECD: Flüchtlingskinder sollten keinesfalls in segregierten Klassen unterrichtet werden und ihre Eltern sollten den Nachwuchs möglichst rasch in qualitativ hochwertigen Einrichtungen der frühkindlichen Bildung anmelden, wo es eine gute soziale Durchmischung gibt.
Für den Wirtschaftskreislauf sind vor allem die Ausgaben, die der Staat für Asylwerber in der Grundsicherung ausgibt, stimulierend. Kosten für Unterkunft, Verpflegung oder Sprachkurse fließen den Hilfsorganisationen zu und werden dem Konsumaufkommen zugerechnet. Das Taschengeld fließt in den privaten Konsum, Leistungen, die die öffentliche Hand direkt zur Verfügung stellt, in den öffentlichen. Allein die infrastrukturelle Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen in den vergangenen Monaten kostete den Staat Geld, das in den Wirtschaftskreislauf geflossen ist.
Zudem werden die zusätzlich notwendigen Investitionen in den Wohnbau der Wirtschaft Impulse bringen. Die Mindestsicherung, die anerkannte Flüchtlinge erhalten werden, wird laut Wifo ebenfalls in den privaten Konsum fließen. "Das wirkt wie ein kleines Konjunkturpaket", so der Wifo-Ökonom Stefan Ederer. Aber eben nur kurzfristig. Um die Konjunktur nachhaltig anzukurbeln, verlangen Wifo und IHS von der Regierung den Reformstau zu beschleunigen. Die öffentliche Hand erhöhe beispielsweise nach wie vor die Gebühren, anstatt für bessere Effizienz zu sorgen, wie das in Deutschland der Fall sei.
Prinzipiell positiv wirkt sich laut den Prognosen der Institute auch die zunehmende Erwerbsneigung von Frauen sowie der Rückgang der Frühpensionierungen aus. Ob das erhöhte Arbeitskräfteangebot tatsächlich zu einem Wirtschaftswachstum führen wird, steht und fällt mit dem Qualifikationsniveau der Arbeitssuchenden. Ein Heer von Niedrigqualifizierten würde zu "US-Verhältnissen" führen und einen großen Niedrigstlohnsektor schaffen. Steigende Inflation und Reallohnverluste werden den Konsum dann sicher nicht stärken.